neu & aktuell: Medizinische Kurzmeldungen

10.02.2012 | Medizin


Testosteron macht egozentrisch

Frauen, denen im Experiment eine Dosis Testosteron verabreicht wurde, beharrten im Anschluss daran häufiger auf ihrer eigenen Entscheidung und lehnten die Vorschläge ihrer Teampartnerinnen ab. „Zuviel Testosteron kann uns für die Sichtweise anderer Leute blind machen“, erklärte Studienautor Nicholas Wright von der Universität London.
APA/Proceedings of the Royal Society B

Sprachzentrum liegt an anderer Stelle

Das Sprachzentrum im menschlichen Gehirn liegt vor dem auditiven Cortex und nicht dahinter, wie bisher angenommen. Josef Rauschecker und Mitarbeiter untersuchten 115 Studien, bei denen die Hirnaktivität mittels MRT oder PET untersucht wurde. Die Forscher erwarten sich dadurch neue Möglichkeiten bei der Behandlung von Patienten mit Hirnschäden.
APA/Proceedings of the National Academy of Sciences

Genveränderung durch Misshandlung

Von 101 untersuchten Borderline-Patienten, hatten jene, die in der Kindheit misshandelt oder missbraucht worden sind, viel häufiger epigenetische Veränderungen. Diese beeinflussen die Kontrolle der Aktivität der Erbanlagen; betroffen waren vor allem Gene, die für die Stressverarbeitung zuständig sind. Das fanden Forscher um Alain Malafosse von der Universität Genf heraus.
APA/Translational Psychiatry

Antikörper als Ursache für Fehlgeburten

Antikörper gegen die Placenta haben Wissenschafter der Ludwig-Maximilians-Universität München bei 17 Prozent der Frauen mit zwei oder mehr Fehlgeburten und bei 34 Prozent mit drei oder mehr Fehlgeburten entdeckt. Ihren Aussagen zufolge lassen sich die Antikörper durch ein Medikament unterdrücken, das bereits bei anderen immunologischen Erkrankungen eingesetzt wird.
APA

Opioide hoch dosiert löschen Schmerzgedächtnis

Wiener Wissenschafter haben herausgefunden, dass man durch eine kurze, aber hoch dosierte Opioid-Gabe die Langzeit-Potenzierung bei den Schmerz-Nervenfasern wieder aufheben kann. Die Behandlung erfolgt über den Zeitraum von einer Stunde; gegebenenfalls muss sie nach einer Stunde wiederholt werden. Nach Arbeiten im Labor will das Forscherteam um Univ. Prof. Jürgen Sandkühler und Ruth Drdla-Schutting von der Medizinischen Universität Wien das neue Konzept in Kooperation mit der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin des Wilhelminenspitals Wien an Patienten mit chronischen Schmerzen testen. Sandkühler dazu: „Die Dosis ist so hoch, dass es schon zu einer vorübergehenden Verlangsamung der Atmung, aber noch zu keinen echten Problemen kommt.“
APA/Science

Marathon und Herzstillstand: 1/100.000 Läufer

Das Risiko, während eines Marathons einen Herzstillstand zu erleiden, liegt bei einem Fall pro 100.000 Teilnehmer. US-amerikanische Forscher des Massachusetts General Hospital um Jonathan Kim haben die Daten von 10,9 Millionen Marathonläufern ausgewertet. Dabei zeigte sich insgesamt ein Risiko von 0,54 Fällen eines plötzlich aufgetretenen Herzstillstandes pro 100.000. Bei der vollen Distanz von mehr als 42 Kilometern lag das Risiko doppelt so hoch (1,01 Fälle pro 100.000), beim Halbmarathon bei rund einem Viertel (0,27 pro 100.000). Männer sind mit 0,9 Fällen pro 100.000 mehr gefährdet, einen Herzstillstand zu erleiden als Frauen (0,16 Fälle pro 100.000). Von den insgesamt 59 Personen, die einen Herzstillstand erlitten, endeten 42 tödlich (71 Prozent). Das Durchschnittsalter lag bei 42 Jahren.
APA/New England Journal of Medicine

Rund um Atomkraftwerke: mehr Leukämiefälle bei Kindern

Einer Studie des staatlichen französischen Medizin-Instituts Inserm zufolge erkrankten 14 Kinder unter 15 Jahren im Zeitraum von 2002 bis 2007 im Umkreis von fünf Kilometern von 19 AKWs an Leukämie; das ist fast doppelt so hoch wie der Landesschnitt. In den 18 Jahren zuvor hat es aber laut Studienautorin Jacqueline Clavel keine Erhöhung der Zahl der an Leukämie Erkrankten gegeben. Ein Zusammenhang zwischen den Leukämiefällen und der „sehr schwachen Strahlung durch normal funktionierende Atomkraftwerke“ könne daher den Aussagen von Clavel zufolge derzeit nicht hergestellt werden. Die Autorin empfiehlt breiter angelegte, Länder-übergreifende Studien, da die niedrige Zahl an Erkrankungen in der französischen Studie nur beschränkt Rückschlüsse zulässt.
APA/International Journal of Cancer

Humerus-Fraktur: Gehirn verändert sich

Nach einer Fraktur des Oberarmknochens verändert sich die Hirnsubstanz innerhalb von 16 Tagen, wie eine Studie um Lutz Jäncke von der Universität Zürich zeigt. Die Forscher untersuchten zehn Rechtshänder, die wegen einer Oberarmfraktur ihre rechte Hand mindestens 14 Tage nicht oder kaum bewegen konnten und daher die linke Hand für Alltägliches wie Waschen, Essen, Zähneputzen benutzen mussten. 48 Stunden nach der Verletzung sowie 16 Tage nach Ruhigstellung des Arms wurden die Probanden mittels MRT untersucht. Ergebnis: Innerhalb weniger Tage nimmt die graue und die weiße Hirnsubstanz in den Bewegungsarealen der linken Hirnhälfte ab. Die Areale der linken Gehirnhälfte kontrollieren die ruhig gestellte rechte Hand. In den für die linke Hand zuständigen Regionen in der rechten Gehirnhälfte nimmt die Hirnsubstanz zu. Weiters verbesserte sich in den 16 Tagen die Feinmotorik der linken Hand: Je größer die Fortschritte waren, umso mehr wuchs die Hirnsubstanz im rechten motorischen Areal, nahm aber gleichzeitig umso stärker in der linken Gehirnhälfte ab.
APA/Neurology

Bewegungsanalyse soll Sportverletzung mindern

Da Handball zu den Sportarten mit dem höchsten Verletzungsrisiko gehört – vor allem kommt es zu Verstauchungen des Sprunggelenks – haben sich die Wissenschafter bei ihren Untersuchungen auf den häufigsten Torwurf, den sogenannten Sprungwurf, konzentriert. Die Forscher der Veterinärmedizinischen Universität Wien und der Technischen Universität Wien haben die Belastungen untersucht, denen die drei wichtigsten Bänder des Sprunggelenks bei einem Sprungwurf ausgesetzt sind. Sie kombinierten dafür die digitalisierten Videos von Handballern in Aktion mit einem anatomisch präzisen und beweglichen Computermodell des menschlichen Körpers. Vor allem beim Landen zeigten sich sehr hohe Belastungen der Sprunggelenksbänder. Studienleiter Christian Peham von der Veterinärmedizinischen Universität Wien dazu: „Wenn wir die Anatomie, die Bewegungen und Belastungen des Sprunggelenks genauer verstehen, können wir Sportlern Tipps geben, wie sie schon früh mit gezieltem Bewegungstraining das Risiko für Verletzungen minimieren.“
APA/Journal of Biomechanics

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 3 / 10.02.2012