Turnus: Vorarlberg im Aufwärtstrend

25.06.2011 | Politik

Bereits zum vierten Mal hat die Fachhochschule Vorarlberg im Auftrag der Ärztekammer Vorarlberg eine Befragung bei Turnusärzten hinsichtlich ihrer Ausbildungsqualität durchgeführt. Das Ergebnis in Kürze: Ein Aufwärtstrend ist feststellbar, aber es gibt noch viel zu tun.
Von Ruth Mayrhofer

Im Herbst 2010 wurden rund 140 angehende Allgemeinmediziner in einer anonymen Umfrage zur Qualität und Praxis ihrer Ausbildung befragt. Als Studienleiter fungierte Prof. Frederic Fredersdorf, Leiter der Forschungsgruppe Sozial- und Wirtschaftswissenschaften der FH Vorarlberg im Auftrag der Ärztekammer für Vorarlberg. Erstmals (die Studien werden seit 2004 im Rhythmus von zwei Jahren durchgeführt, Anm.) wurde dabei ein neues Erhebungsverfahren angewendet, mit dem vergleichende Rückschlüsse über die Ausbildungssituation der Jungärzte in den fünf großen Fächern – Chirurgie, Unfallchirurgie, Interne, Gynäkologie und Pädiatrie – gezogen werden können.

Direktvergleich macht sicher

Der Vizepräsident der Vorarlberger Ärztekammer, Burkhard Walla, bewertet den nunmehr möglich gewordenen Direktvergleich zwischen den einzelnen Abteilungen als „positiv und unterstützend“. Das neue Verfahren wurde von Fredersdorf gemeinsam mit der Vorarlberger Ärztekammer entwickelt. Interessant dabei ist das auffallend gute Ergebnis bei den Kinderabteilungen und den Unfallchirurgien: Sie wurden landesweit am häufigsten positiv bewertet.

Die Ergebnisse der aktuellen Umfrage zeigen insgesamt eine tendenzielle Verbesserung in der Turnusarzt-Ausbildung an Vorarlbergs Krankenhäusern. Besonders die Qualität der Einführung und Einschulung, aber auch die Aus- und Weiterbildung haben sich signifikant verbessert. Dennoch ortet Fredersdorf noch ein deutliches Entwicklungspotential, „da sich die Werte in den einzelnen Befragungskategorien lediglich im Mittelfeld befinden“. Spitzenreiter in dieser vergleichenden Krankenhausstudie ist das Krankenhaus Bludenz; es konnte die meisten Verbesserungspunkte erzielen. Den größten Nachholbedarf hat hingegen das LKH Bregenz; dort wurden sehr viele Ausbildungskategorien negativ bewertet. Dieses niedrige Niveau war bereits in einer Vorbefragung offensichtlich. Weiter verbessert hat sich die Situation der Turnusärzte im LKH Feldkirch. Hier beurteilen die Jungmediziner die Qualität der Einschulung und Einführung wieder deutlich positiver, und dieser Trend setzt sich weiter fort. Das Krankenhaus Dornbirn konnte sich im Ranking von der letzten Stelle klar nach vorne bewegen.

Werden die Turnusärzte Ernst genommen, dann funktioniert auch die Ausbildung am besten. Diese Schlussfolgerung lässt die aktuelle Studie eindeutig zu. So hat etwa die Pädiatrie in Dornbirn in Bezug auf die Gesamtbewertung besonders positiv abgeschnitten: Sie erreichte die maximal mögliche Punkteanzahl. Einer der Gründe: Der Teamgedanke wird an dieser Abteilung großgeschrieben, die Turnusärzte werden Ernst genommen und in Entscheidungen mit eingebunden. Genauso sieht die Situation etwa auch in Bludenz aus, wie Walla bestätigt: „In Bludenz wurden zahlreiche Anregungen der Turnusärzte umgesetzt, die die Qualität der Ausbildung nachweislich verbessert haben.“ Der Vorarlberger Turnusärztesprecher Simon Mayer hofft, dass die Verantwortlichen der Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft m.b.H. (KHBG) nun endlich die essentielle Bedeutung eines Turnusärzte-Tätigkeitsprofiles erkennen. Er fordert daher erneut eine sofortige, einheitliche Umsetzung an allen Vorarlberger Krankenhäusern.

Lehrpraxen forcieren!

Positiv bewertet Walla, dass das Land Vorarlberg Forderungen der Turnusärzte aus der letzten Befragung aufgenommen und an die Krankenhaus-Betriebsgesellschaft weitergegeben hat: „In den vergangenen Jahren wurden bereits einige Maßnahmen umgesetzt, die landesweit gelten sollten. Neben einer Struktur, die die Ausbildung in den Krankenhausabteilungen garantiert, sollte auch eine Lehrpraxis verpflichtender Teil einer Turnus-Ausbildung sein.“ Dieses Lehrpraxismodell, erklärt Walla, wäre für die jungen Ärzte ideal, um möglichst viel Erfahrung und Wissen aus der Turnuszeit mit in ihre Tätigkeit als ausgebildeter Arzt zu nehmen. Mit rund 300.000 Euro pro Jahr könnte dieser praktische Teil der Turnusärzte-Ausbildung in Vorarlberg finanziert werden. Schließlich, so betont der Ärztekammer-Vizepräsident, sei dies für das Land Vorarlberg eine große Chance, die Vorreiterrolle in der Turnusärzte-Ausbildung und damit auch im Gesundheitswesen zu übernehmen.

Walla betont, dass „Investitionen in die Jungärzte-Bildung letztendlich den Patienten zu Gute kommen und führen ebenso dazu, dass die Kosten im Gesundheitswesen nicht explodieren“. Denn: Der praktisch versierte Arzt könne durch seine Erfahrung und sein Können teilweise teure Untersuchungen ersetzen.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 12 / 25.06.2011