Tur­nus­ärzte: Gefan­gen im System

25.03.2011 | Politik


Seit Jah­ren kämp­fen Ver­tre­ter der Bun­des­sek­tion Tur­nus­ärzte der ÖÄK für eine Ver­bes­se­rung der Situa­tion hei­mi­scher Tur­nus­ärzte. Die For­de­run­gen nach Ent­las­tung wer­den immer lau­ter.

Von Bir­git Oswald

Auf ein Neues in der Tur­nus­ärzte-Debatte: Seit zehn Jah­ren kämp­fen Tur­nus­ärz­te­ver­tre­ter für die Umset­zung des Tur­nus­ärzte-Tätig­keits­pro­fils; nichts hat sich bis­her im All­tag der jun­gen Medi­zi­ner geän­dert. Sub­ku­tane Sprit­zen ver­ab­rei­chen, Infu­sio­nen anhän­gen, Doku­men­ta­tion und Admi­nis­tra­tion bestim­men immer noch den Tur­nus­ärz­te­all­tag. Das läge vor allem daran, dass das Tur­nus­ärzte-Tätig­keits­pro­fil immer noch nicht im Gesetz ver­an­kert ist, wie Katha­rina Gor­don, Obfrau der Bun­des­sek­tion Tur­nus­ärzte in der ÖÄK, es auf den Punkt bringt: „Es gibt noch immer keine gesetz­li­che Rege­lung für das Auf­ga­ben­feld der Tur­nus­ärzte. Das hat gra­vie­rende Fol­gen. Chro­ni­sche Belas­tung und Über­for­de­rung sind die Weg­be­rei­ter für Burn­out – und das schon zu Beginn der ärzt­li­chen Tätig­keit!“ Eine For­de­rung der Bun­des­sek­tion lau­tet daher, dass die 25-Stun­den-Schich­ten ein­ge­hal­ten wer­den. „25 Stun­den Dienst am Stück sind wirk­lich genug. Nach einer ordent­li­chen Über­gabe soll sich jeder Tur­nus­arzt ent­spre­chend aus­ru­hen kön­nen“, for­dert Gor­don. Kurz gesagt: Mit den zeit­li­chen Kapa­zi­tä­ten der aus­zu­bil­den­den Ärzte muss öko­no­mi­scher umge­gan­gen wer­den.

Diese For­de­rung impli­ziert, dass Tur­nus­ärzte von Sys­tem­er­hal­ter­tä­tig­kei­ten und Hilfs­diens­ten befreit wer­den. Denn immer noch wird es im Spi­tal­s­all­tag als selbst­ver­ständ­lich ange­se­hen, dass Tur­nus­ärzte 60 Pro­zent ihrer Zeit mit Doku­men­ta­tion und Admi­nis­tra­tion ver­brin­gen, statt in medi­zi­ni­sche Belange ein­ge­bun­den zu wer­den. „Ich habe es selbst immer wie­der erlebt, dass Pati­en­ten Aus­kunft über wei­te­res medi­zi­ni­sches Vor­ge­hen von mir woll­ten und ich lei­der keine Infor­ma­tion dazu hatte, weil ich wäh­rend der Bespre­chung mit admi­nis­tra­ti­ven oder medi­zi­ni­schen Hilfs­tä­tig­kei­ten beschäf­tigt war. Eine der­ar­tige Situa­tion ist nicht nur für den Arzt unan­ge­nehm, son­dern wirkt sich auch auf das Ver­trauen der Pati­en­ten nega­tiv aus“, so Gor­don. Die­sem Pro­blem könne nur durch die Umver­tei­lung von Auf­ga­ben und der Schaf­fung spe­zi­el­ler Stel­len zur admi­nis­tra­ti­ven Ent­las­tung der Ärzte ent­ge­gen­ge­wirkt wer­den. Pro­jekte in ein­zel­nen Kran­ken­an­stal­ten wie etwa im Vor­arl­ber­ger Schwer­punkt­kran­ken­haus Feld­kirch bestä­ti­gen, dass der Ein­satz von Doku­men­ta­ti­ons­as­sis­ten­ten zu einer erheb­li­chen Ent­las­tung der Ärzte und Erleich­te­rung des täg­li­chen Arbeits­ab­laufs führt. Ist der Arzt von berufs­frem­den Tätig­kei­ten befreit, bleibt mehr Zeit für Medi­zin und den Pati­en­ten, so der Suk­kus. Die For­de­rung der Bun­des­sek­tion, medi­zi­ni­sche Sekre­tä­rin­nen ein­zu­set­zen, wird daher immer ein­dring­li­cher.

Tur­nus­ärzte entlasten

Aber auch bezüg­lich der prak­ti­schen Aus­bil­dung selbst müsse sich eini­ges ändern. Da Tur­nus­ärzte den Groß­teil der Zeit mit berufs­frem­den Tätig­kei­ten ver­brin­gen, besteht die Gefahr, dass an Aus­bil­dungs­qua­li­tät ver­lo­ren geht. In man­chen Spi­tä­lern käme es sogar vor, dass Stu­den­ten hier­ar­chisch noch vor Tur­nus­ärz­ten stün­den, wie Gor­don erklärt.

Wei­ters spie­gelt der Fak­tor Zeit in der Ärz­te­aus­bil­dungs­ge­stal­tung eine tra­gende Rolle. Im hei­mi­schen Sys­tem hat sich „para­si­tär“ (Gor­don) die Vor­ge­hens­weise ein­ge­schli­chen, vor einer Fach­arzt­aus­bil­dung den drei­jäh­ri­gen Tur­nus zum All­ge­mein­me­di­zi­ner zu absol­vie­ren. Gesetz­lich gese­hen wäre diese Ehren­runde aber gar nicht not­wen­dig; denn Absol­ven­ten der Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tä­ten sind berech­tigt, gleich nach dem Stu­dium mit der Fach­arzt­aus­bil­dung zu begin­nen. „Wir wol­len weg von der Drei-plus-Sechs macht Neun-Rege­lung. Der Tur­nus sollte nur von Medi­zi­nern absol­viert wer­den, die auch wirk­lich All­ge­mein­me­di­zi­ner wer­den wol­len. Es darf nicht auf­grund der sys­te­mi­schen Gege­ben­hei­ten zu einer Ver­län­ge­rung der Aus­bil­dung kom­men, die gar nicht not­wen­dig wäre“, so Gor­don abschließend.

For­de­run­gen der Bundessektion

  • 25 Stun­den Schicht
  • Ein­hal­tung der jet­zi­gen Tur­nus­dauer von drei Jah­ren; keine Ver­län­ge­rung, aber inhalt­li­che Aufwertung
  • Schaf­fung von Stel­len für medi­zi­ni­sche Sekre­täre bezie­hungs­weise Dokumentationsassistenten
  • Gesetz­li­che Ver­an­ke­rung des Turnusärzte-Tätigkeitsprofil
  • Schaf­fung von fami­li­en­freund­li­chen Model­len (siehe ÖÄZ 22)

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 6 /​25.03.2011