Standesvertretung: Mitbeteiligung erwünscht

25.11.2011 | Politik


Eine aktive Standespolitik bedeutet in jeder Branche Zukunftssicherung. Auch bei der Ärzteschaft. Im Jahr 2012 wird in den Landesärztekammern genauso wie in der ÖÄK gewählt. Damit werden auf Funktionärsebene die Weichen für die Zukunft in vielen Fällen neu gestellt werden.

Von Ruth Mayrhofer

Im Frühling 2012 stehen Wahlen in den Landesärztekammern an. Nach deren Neuformation werden im Juni 2012 auch auf Funktionärsebene in der ÖÄK die Weichen für die Zukunft gestellt.

Günther Wawrowsky, Vizepräsident der ÖÄK und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, bringt es auf den Punkt: „Was wir jetzt tun, ist so Zukunfts-orientiert, dass es mich persönlich nicht mehr betreffen wird.“ Anders gesagt: Wichtige Punkte, die aktuell intensiv diskutiert werden, werden in den meisten Fällen erst in der ferneren Zukunft wirksam, dennoch muss dann mit ihnen eine heute jüngere Ärzteschaft leben. Und genau diese sollte sich deswegen – so das Anliegen der ÖÄK – schon jetzt in die standespolitische Tätigkeit einbringen.

Die Probleme, mit denen sich die Ärzteschaft in den nächsten Jahren, vielleicht sogar Jahrzehnten auseinandersetzen wird müssen, sind vielfältig. So müsse sich primär die Gesellschaft einig werden, ob das solidarische Gesundheitssystem, wie wir es jetzt kennen, auch künftig aufrecht erhalten werden soll, erklärt Wawrowsky. Um die Ärzte als Berufsgruppe macht sich der Bundeskurienobmann keine Sorgen: „Die wird man immer brauchen.“ Aber: Im niedergelassenen genauso wie im Spitalsbereich ist die Liste der seitens der Standesvertretung aufzuarbeitenden Probleme lang. Sie reicht von allgemeinen wichtigen Fragen rund um die Patienten-Versorgung in Therapie und Prävention bis beispielsweise hin zum Landarzt-Sterben, der alles in allem zunehmenden Unattraktivität des Berufes, der Abwanderung vieler Ärzte ins Ausland wegen besserer Arbeitsbedingungen, der angestrebten Aufwertung des niedergelassenen Bereiches zur Entlastung der Spitäler, bis hin zu erwünschten Strukturveränderungen und last but not least Honorierungsfragen.

Daher sind neue Strategien, neue Lösungsmöglichkeiten für all diese Herausforderungen gefragter denn je. Es braucht fachlich kompetente und persönlich engagierte Ärzte, die sich gerade durch ihre Berufsnähe in die standespolitische Arbeit einbringen wollen. Wawrowsky: „Der Arztberuf ist ein schwerer. Ärzte tragen hohe Verantwortung, zeigen hohes Engagement. Sie werden nicht immer mit Dankbarkeit überschüttet, müssen Kritik aushalten und auch einmal verlieren können. All diese Faktoren treffen genauso auf die standespolitische Arbeit zu. Das bedeutet, dass Ärzte eigentlich vielleicht von vornherein kompetenter als andere Berufsgruppen sind, um sich in ihrer Standesvertretung zu engagieren.“

Wawrowsky ortet „leider“ ein Motivationsdefizit, wenn es um ein persönliches Einbringen in einer Kammer-Funktion geht. Kritisch merkt er an, dass viele Kolleginnen und Kollegen „viel zu wenig Ahnung“ von Kammer-Strukturen und Geschehen hätten. Auch die Befürchtung, dass mit einer Kammer-Tätigkeit ein zu hoher Zeitaufwand verbunden sei, lässt viele gar nicht erst an eine solche denken. Das für den „politischen Einsatz“ notwendige Arbeitspensum wrid ebenso zumeist überschätzt.

Hingegen würden Ärzte eindeutig von einer Funktionärstätigkeit profitieren, wie neben Günther Wawrowsky auch Harald Mayer, Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte und ebenfalls ÖÄK-Vizepräsident, betont. Für ein Engagement in Sachen Standespolitik sprächen der Erwerb eines höheren Wissensgrades rund um das Gesundheitssystem per se, der Nutzen desselben für das eigene berufliche Umfeld und die Möglichkeit zur aktiven Mitgestaltung der Zukunft des Berufsstandes in einer hochdemokratischen politischen Standesvertretung mit einer hohen Erfolgsrate, guten Strukturen und ausgezeichneten Mitarbeitern, ist Wawrowsky überzeugt. Mayer ortet für Ärzte in Spitälern ebenfalls Positives: „Klar ist Engagement eine sehr persönliche Sache. Aber wir in den Spitälern haben den Vorteil, dass gerade bei Turnusärzten das Interesse in Sachen Standespolitik sehr hoch ist. Und für die Spitäler beziehungsweise Spitalserhalter macht das ebenfalls Sinn, weil damit große Expertise eingebracht wird.“

Zeitaufwand hält sich in Grenzen

Was den kritischen Punkt Zeitaufwand für eine Tätigkeit in einer Ärztekammer betrifft, so beruhigen die beiden Vizepräsidenten: Im Regelfall gehe es zunächst primär um Zeit zur Informationsbeschaffung oder wie es Harald Mayer augenzwinkernd ausdrückt: „Man sollte E-Mails schnell lesen können.“ Auch der Sitzungsaufwand und die Zeit für die Teilnahme an Arbeitskreisen halten sich üblicherweise in „sehr überschaubaren Grenzen“, sofern es sich nicht um Kammer-Spitzenfunktionen handelt. Außerdem haben Ärzte als Standespolitiker einen ganz enormen Vorteil: Wollen sie aus ihrem „Ehrenamt“ ausscheiden, können sie ohne Weiteres auf ihr übliches berufliches Umfeld zurückgreifen. „Das unterscheidet uns zum Beispiel von Nationalratsabgeordneten“, sagt Wawrowsky schmunzelnd.

Funktionäre, ganz persönlich

Mayer und Wawrowsky, die nun an den Kurien-Spitzen stehen, haben aus ganz unterschiedlichen Gründen ihre Tätigkeit in der Ärztekammer begonnen. Wawrowsky ist ein „klassischer Quereinsteiger“ (Selbst-Definition) – mehr oder weniger aus reinem Zufall. „Als junger Arzt habe ich mich überhaupt nicht engagiert, weil ich einzig und allein mit der Medizin beschäftigt war. Doch am Rande eines Fußballspieles traf ich 2001 einen Kollegen, der bereits seit langem standespolitisch tätig war und dem ich viele Fragen gestellt habe. Wahrscheinlich zu viele; denn ehe ich mich’s versah, war ich mit 44 Jahren als Vertreter des Bundesfachgruppenobmannes der Internisten mitten drinnen im Geschehen.“

Harald Mayer zu seinen Anfängen in der Standesvertretung: „Ich war ganz einfach unzufrieden mit der Kammer. Daher habe ich mir überlegt, dass ‚zuschauen und meckern‘ allein nicht reicht und mich 1999 zur Mitarbeit entschlossen.“

Einen Anlauf für eine Mitarbeit an der standespolitischen Tätigkeit zu starten, ist übrigens sehr einfach: ein Anruf oder ein E-Mail an Ihre (Landes-)Ärztekammer oder an einen Kollegen, der bereits in diesem Bereich tätig ist, reicht als Impetus-Geber aus!

Kontakt:  h.mayer@aerztekammer.at
               g.wawrowsky@aerztekammer.at

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 22 / 25.11.2011