Salzburger Landeskliniken: Katastrophale Stimmung

10.11.2011 | Politik

80 Prozent der Ärztinnen und Ärzte der SALK bewerten die gegenwärtige Betriebskultur als schlecht oder sehr schlecht, wie eine aktuelle Studie zeigt. Die Ärztevertreter fordern nun nachhaltige Veränderungen.
Von Ruth Mayrhofer

„Maßnahmen zur Verbesserung der Betriebskultur“ wurden in einer Vereinbarung des Landes Salzburg mit den angestellten Ärzten der Salzburger Landeskliniken im Jahr 2005 festgehalten und zugesagt. Allerdings: „Die Ärzte sind unzufrieden“, wie der Präsident der Ärztekammer für Salzburg, Karl Forstner, kürzlich bei einer Pressekonferenz in Salzburg betonte. Vermehrte Kündigungen, berufliche Abwanderungen im fachärztlichen Bereich, Kompetenzstreitigkeiten zwischen Abteilungen, Probleme bei der Bestellung von Primarärzten und solche mit der Arbeitszeit veranlassten die Salzburger Ärztekammer, die 840 Ärztinnen und Ärzte der SALK zum Betriebsklima zu befragen. Durchgeführt wurde diese Studie von ikp Salzburg und dem Marktforschungsexperten Günther Brandstetter von der Agentur 3MfB.

Die Resultate: Bei den Befragten besteht zwar eine hohe Identifikation mit dem Beruf Arzt, jedoch eine schlechte mit dem Krankenhaus und eine noch geringere mit dem Unternehmen SALK. Die Ursache dafür sieht der Kurienobmann der angestellten Ärzte Salzburg, Jörg Hutter, in der „mangelnden Wertschätzung der Führungsebenen gegenüber der Ärzteschaft“. Die Befragten sehen sich über die Entscheidungsprozesse schlecht informiert; aufgrund der mangelnden Transparenz derselben sind diese für Ärzte auch nicht nachvollziehbar. Besonders die Umfrage-Ergebnisse zum Thema Karrierechancen sieht Hutter dramatisch: „50 Prozent der Kolleginnen und Kollegen sehen keine Zukunft in diesen Häusern. Das ist bedauerlich, denn die Identifikation mit dem Beruf und die persönliche Motivation sind vorhanden. Doch mangelt es an der Bereitschaft des Dienstgebers, auf die Mitarbeiter zuzugehen und gemeinsam Karrierepläne zu entwickeln.“ Insgesamt halten 80 Prozent der Ärztinnen und Ärzte die gegenwärtige Betriebskultur für „schlecht“ oder „sehr schlecht“. 81 Prozent sind der Meinung, dass sich die Gegebenheiten seit 2005 noch verschlimmert haben. „Diese Entwicklung widerspricht den Versprechungen der Eigentümervertreter und des Spitalsmanagements aus dem Jahr 2005“, meint Kurienobmann Hutter.

Als „hoch bedenklich“ bezeichnet Karl Forstner die vorliegenden Daten. Die Ursachen für das miserable Umfrage-Ergebnis sieht er vor allem im ständig wachsenden Leistungsdruck, der die Kollegen an die Grenzen der Belastbarkeit und darüber hinaus führt; in Entscheidungsstrukturen, bei denen Mitarbeiter nicht eingebunden werden und noch dazu den Entscheidungsrahmen der Ärzte hochgradig einengen sowie in Rahmenbedingungen, die es für viele nicht erstrebenswert erscheinen lassen, weiterhin an den Salzburger Landeskliniken tätig zu bleiben. Forstner weiter: „Es ist für viele Kolleginnen und Kollegen auch unerträglich, dass die Salzburger Landeskliniken unsere ärztlichen Leistungen in der Öffentlichkeit nur als Kostenfaktor und Defizitbringer darstellen.“ Wertschätzung entstehe aus der Transparenz von Entscheidungen, aus dem offenen Dialog mit Meinung und Kritik sowie aus der Zuweisung von Verantwortungskompetenz, betonten Forstner und Hutter unisono.

Forstner ist es jedoch wichtig, „nicht nur zu jammern, sondern die Probleme mit Eigentümern und SALK-Management im Interesse der Kollegenschaft und der Landeskliniken konstruktiv anzugehen“. So wurden die Umfrage-Ergebnisse auch an die zuständigen Landespolitiker, an das Spitalsmanagement, den Aufsichtsrat und den Betriebsrat übermittelt. Konkret fordert die Ärztekammer Salzburg im Sinne eines Forderungskatalogs alle in den SALK-Häusern Verantwortlichen auf,

  • die Arbeitsbelastungen und beruflichen Rahmenbedingungen der angestellten SALK-Ärzte auf ein erträgliches Maß zurückzuführen;
  • ärztliche Kompetenzträger in Entscheidungsprozesse der Häuser einzubinden und Entscheidungen transparent zu treffen, wobei die Informationspflicht beim Dienstgeber liegt;
  • Hierarchien unter wesentlicher Einbindung ärztlicher Entscheidungsträger flach zu gestalten;
  • die Rolle der Landeskliniken als Universitätsspitäler nicht nur verbal zu betonen, sondern durch eine entsprechende Ausstattung mit Ressourcen zu leben;
  • ärztlichen Mitarbeitern für ihren klinischen Auftrag und für universitäre Aufgaben gleichwertige, transparente und verbindliche Karrierewege zu eröffnen.
  • Last but not least müsse sich der Eigentümervertreter Land Salzburg in seiner gesundheitspolitischen Verantwortung mit den SALK identifizieren und die Leistungen der Mitarbeiter und damit auch der Ärzte in der Öffentlichkeit positiv und nicht zumeist als Defizitbringer darstellen.

Reaktionen

Die Klinikleitung mit Manager Burkhard van der Vorst an der Spitze, die die Präsentation der Umfrage im Vorfeld massiv zu torpedieren versuchte, hat mittlerweile Gesprächsbereitschaft signalisiert. Zwar – so sagte er in einem Gespräch mit einer Tageszeitung – brauche er Zeit, um die Studien-Ergebnisse zu studieren; gewisse Punkte könne man aber durchaus überdenken. Die Salzburger Gesundheitsrätin Cornelia Schmidjell will zwar vorrangig die SALK-Geschäftsführung in die Pflicht genommen wissen, doch selbst zu einem Runden Tisch mit allen Beteiligten einladen. Dieser Runde Tisch wird in allernächster Zukunft zwischen der Landesrätin und der Salzburger Ärztekammer vorbereitet werden. Für Forstner steht fest, dass dabei eine „verbindliche Klärung über den Weg zu substanziellen Verbesserungen“ erfolgen muss. Manche Problemstellungen bedürfen rascher Lösungen, für andere müsse man sich mehr Zeit geben, denn „Kultur lässt sich nicht auf Knopfdruck ändern“. Ein unverzügliches Angehen der Problematik mit dem Ziel, für alle Beteiligten zu befriedigenden und zukunftsorientierten Lösungsansätzen zu gelangen, sei jedoch unabdingbar. Die Ärztekammer Salzburg ist bereit, diesen Prozess zu unterstützen.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 21 / 10.11.2011