Raucherentwöhnung: Der letzte Zug

25.05.2011 | Politik


Der Zigarette den Rücken zuzukehren, ist oftmals nicht nur eine unlösbare Hürde, sondern auch enorme psychische Belastung. Im Vorfeld des Welt-Nichtrauchertages fordert die ÖÄK, dass die Entwöhnungswilligen finanzielle Unterstützung durch die Krankenkassen erhalten sollten.

Von Andrea Heider

„Mut machen und zur Seite stehen mit Emotion, Empathie und Können“ ist für den behandelnden Arzt oder Psychologen im therapeutischen Teil der Raucherentwöhnung das Um und Auf, erklärt Alfred Lichtenschopf vom Rehabilitationszentrum Weyer/Enns. Lichtenschopf war es, der als Organisator und Leiter führend an der Erarbeitung des wissenschaftlichen Standes zur Raucherentwöhnung mitgewirkt hat. Diesen Richtlinien zufolge besteht die Tabakentwöhnung aus zwei Teilen: einem therapeutischen und einem medikamentösen. Für Ärzte gibt es eine zweitägige Ausbildung zum zertifizierten Rauchertherapeuten.

Gemeinsam mit dem Patienten wird ein Managementplan entwickelt: Wann ist der ideale Zeitpunkt zum Aufhören? Wie können Rauch-fördernde Verhaltensweisen und Gewohnheiten verhindert werden? Ist es am Anfang empfehlenswert, wieder in Rauchergesellschaft zu sein oder ist das Rückfallrisiko zu hoch? All diese Fragen werden geklärt, und durch den Fagerström-Test wird das Rauch- und Abhängigkeitsverhalten des Patienten standardisiert untersucht. Der medikamentöse Teil der Tabakentwöhnung wird als nächster Schritt individuell mit dem Patienten abgestimmt. „Medikamentöse Hilfsmittel oder die Nikotinersatztherapie können die Erfolgsrate der Entwöhnung erhöhen, sind jedoch im Gegensatz zum therapeutischen Teil nicht zwingend Bestandteil einer erfolgreichen Tabakentwöhnung“, so Lichtenschopf. Besonders schwierig sind die ersten Tage nach der letzten Zigarette: Entzugserscheinungen und Demotivation können Folgen sein. „Kurz nach dem Rauchstopp ist es wichtig, dass der Therapeut dem Patienten Mut zuspricht, ihm psychologisch zur Seite steht und an ihn glaubt. Das erhöht die Erfolgschancen um ein Wesentliches“, betont der Experte. Eine in Österreich seit einigen Jahren erfolgreiche Entwöhnungsunterstützung bietet das Rauchertelefon – eine Initiative aller Sozialversicherungsträger, der Bundesländer und des Gesundheitsministeriums.

Genau am 31. Mai, dem Welt-Nichtrauchertag, feiert das Rauchertelefon sein fünfjähriges Bestehen. Die Psychologen des Beratungsdienstes stehen österreichweit zur Verfügung und bieten therapeutische Unterstützung und Informationsarbeit rund um Prävention und Entwöhnung von Tabak und Nikotin. Nach einem ausführlichen Erstgespräch werden die Nikotinabhängigen Schritt für Schritt in fünf bis sieben Beratungsgesprächen vom Rauch entwöhnt. „Wir versuchen, unseren Klienten das Rauchen wieder zu verlernen. In den letzten fünf Jahren wurden 8.372 Personen betreut, das sind im Schnitt 16 Kontakte pro Beratungstag“, berichtet die klinische Psychologin Melanie Stulik, die auch die fachliche Leitung des Rauchertelefons inne hat. Der Erfolg dieses Programms: Ein Drittel bleibt nach der Beratung rauchfrei; ein weiteres Drittel hat den Tabakkonsum merklich reduziert. Stulik dazu: „International gesehen ist diese Erfolgsrate sehr hoch. Etwa 20 Prozent der Anrufer sind unter 19 Jahre alt.“ Die niederschwellige Betreuung über das Rauchertelefon wird meist bis zu drei Monate in Anspruch genommen. Ärzte und andere Gesundheitsexperten können ihre Patienten auch per Fax zur Rauchstopp-Beratung anmelden.

Es gibt auch eine praktische Anleitung, was zu tun ist, wenn der Gusto auf eine Zigarette übermächtig wird, wie Stulik erklärt „Die Alternative zur Zigarette sind die drei A’s: Abwarten, Ablenken, Abhauen.“ Besonders kritisch sind die ersten fünf bis zehn Minuten in denen Verlangen nach einer Zigarette verspürt wird: Hier heißt es abwarten. Ist es nach kurzer Zeit noch nicht besser, dann gilt es eine Ablenkung zu finden. Falls in Gesellschaft das Verlangen auftauchen sollte, empfiehlt es sich, den Raum zu verlassen, an die frische Luft zu gehen und durchzuatmen, um das Verlangen zu reduzieren.

Die Beratung über das Rauchertelefon selbst ist kostenlos, viele Raucherentwöhnungstherapien hingegen nicht. „Rauchen ist eine abhängig machende Krankheit. Nikotinabhängige sollten, wie alle erkrankten Personen, finanzielle Unterstützung von der Krankenkasse bekommen, um mit ihrer Krankheit fertig zu werden“, erklärt Lichtenschopf.

Konkrete Forderungen

Der Präsident der ÖÄK, Walter Dorner, hat konkrete Vorstellungen darüber, wie dies erfolgen soll: „Zumindest ein Drittel der Therapiekosten sollten von den Krankenkassen übernommen werden und ein weiteres Drittel sollte aus den Tabaksteuereinnahmen finanziert werden.“ Andere Länder seien hier als Vorbild zu nennen: In Tschechien etwa wird die Rauchertherapie zur Gänze von der Krankenkasse bezahlt. Dass es eines zusätzlichen Anreizes für Raucher bedarf, mit dem Rauchen aufzuhören, davon ist Dorner zutiefst überzeugt: „Erst kürzlich hat eine EU-weite Studie gezeigt, dass allein in Österreich 21 Prozent der Raucherinnen und Raucher versucht haben, mit dem Rauchen aufzuhören – erfolglos.“ Diese Menschen müssten bei der Entwöhnung unterstützt werden. Doch damit allein ist es nicht getan, wie der ÖÄK-Präsident betont. Seine Forderungen: „Erstens ein absolutes Rauchverbot in der Gastronomie, zweitens Prävention und Aufklärung für alle Bevölkerungsgruppen sowie drittens Unterstützung bei der Raucherentwöhnung.“

Tipp:
Weitere Informationen zum Rauchertelefon gibt es unter 0810 810 013 oder info@rauchertelefon.at.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 10 / 25.05.2011