„Pharmavertrag neu“ ist in Kraft: Dämpfen und nicht sparen

15.08.2011 | Politik

Die Sozialversicherung wolle bei den Arzneimitteln die Kostendynamik dämpfen und nicht um jeden Preis sparen, wie der Vorsitzende des Hauptverbandes, Hans-Jörg Schelling, bei der Präsentation des 82 Millionen Euro Solidarpaketes von Sozialversicherung und Pharmawirtschaft betonte.
Von Ruth Mayrhofer

Sichtlich zufrieden präsentierten Vertreter aus Pharmawirtschaft und Hauptverband dieser Tage die Neuauflage des ersten „Pharmavertrages“ aus 2008, welche seit 1.7.2011 bis 31.12.2015 in Kraft ist. In den kommenden viereinhalb Jahren leistet die Pharmawirtschaft freiwillig einen Beitrag in Höhe von 82 Millionen Euro zur „Erhaltung der Leistungsfähigkeit der sozialen Krankenversicherung gegenüber deren Versicherten“. Wie die Proponenten dieser Neufassung betonen, soll dieser „Pharmavertrag neu“ sowohl für die Pharmawirtschaft als auch für den Hauptverband in Vertretung der Krankenversicherungsträger transparentere Rahmenbedingungen und durch die verlängerte Laufzeit eine bessere Planbarkeit sowie weitere Solidarbeiträge für die Krankenversicherungsträger und Versorgungssicherheit für die Patienten bringen.

„Die Pharmawirtschaft trägt damit zur langfristigen und nachhaltigen finanziellen Stabilität der sozialen Krankenversicherung bei“, erklärte Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver Huber. Es sei für alle Vertragspartner wichtig gewesen, eine vertragliche Lösung zu finden, die für alle Beteiligten gleichermaßen tragfähig sei. Nach „schwierigen, aber fairen“ Verhandlungen wurde die Verlängerung des Papiers durch die Unterschrift von 105 pharmazeutischen Unternehmen sowie neun pharmazeutischen Großhandelsfirmen fixiert. Anstehend ist derzeit noch ein ähnliches Vertragswerk mit den Apotheken, das, wie Hans-Jörg Schelling, Vorsitzender des Verbandsvorstandes des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger betont, „bei weitem nicht den Umfang des Pharmavertrages mit der Pharmawirtschaft erreicht“. Derzeit laufen die Verhandlungen „trotz unterschiedlicher Auffassung produktiv“ (Schelling). Er rechnet damit, dass auch dieser Vertrag positiv abgeschlossen werden kann. Als möglicher Zeitpunkt dafür wird Herbst 2011 anvisiert.

Mehr Geld für Prävention

Im Solidarbeitrag von 82 Millionen Euro enthalten ist ein Betrag von 6,75 Millionen Euro, der für Maßnahmen im Rahmen gemeinsamer Gesundheitsziele zu den Themen Kindergesundheit und Prävention verwendet wird. Über die Mittel-Verwendung dieser zweckgebundenen Beträge entscheidet ein weisungsunabhängiges und paritätisch besetztes gemeinsames Gremium. Derzeit tagen dazu Arbeitsgruppen; erste konkrete Projekte sollen im Herbst präsentiert werden.

Die Ausgaben für Arzneimittel – rund 2,9 Milliarden Euro im Jahr 2010 – stellen neben den Ausgaben für Spitäler (4,5 Milliarden Euro) einen der großen Budgetblöcke der Sozialversicherung dar. In Sachen Arzneimittel will – wie Hans-Jörg Schelling klarstellt – „die Sozialversicherung die Kostendynamik dämpfen und nicht um jeden Preis sparen“. In diesem Zusammenhang sprach Schelling auch die Einrichtung des „Ökotools“, also einer in der Vergangenheit vielerorts höchst umstrittenen Software, die Ärzte zur „wirtschaftlichen Verschreibung“ von Medikamenten motivieren soll, an.

Wie der Hauptverbands-Chef betont, konnten während der Erarbeitung des „Pharmavertrages 2“ dabei viele Missverständnisse ausgeräumt und eine gemeinsame Interpretation gefunden werden. Schelling unterstrich, dass „einzig und allein die Ärzteschaft die Verantwortung für Verordnungen für ihre Patienten trägt und darin frei ist“. Und er dankte den Ärzten explizit „für ihre verantwortungsvolle Verschreibweise“. Damit – und mit Hilfe des Pharmavertrages – sei eine bestmögliche Versorgung der Bevölkerung auch mit innovativen Medikamenten gegeben.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 15-16 / 15.08.2011