Modell Burgenland: Diabetes-Schulungen als „Dauerbrenner“

10.09.2011 | Politik


Diabetes-Schulungen als „Dauerbrenner“


Mehr als 8.000 Burgenländerinnen und Burgenländer wurden im Diabetes-Schulungsprogramm „Modell Burgenland“ erfasst. Parallel dazu werden im Rahmen eines Informationsprogramms die Schüler der neunten Schulstufe über die Erkrankung und ihre Risken informiert.

Von Ruth Mayrhofer

Das Modell Burgenland ist seit langem fix im burgenländischen Gesundheitswesen verankert. Es wird jährlich mit 70.000 Euro vom Land Burgenland und der Burgenländischen Gebietskrankenkasse (BGKK) sowie durch Sponsorgelder finanziert und von der ÖÄK unterstützt. In Anlehnung an internationale Schulungsprogramme konzipierte der Internist Gerhard Cerny von der Internen Abteilung am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Eisenstadt dieses speziell auf das Burgenland zugeschnittene Diabetes-Schulungsmodell.

Zielgruppe waren bei der Einführung im November 1995 – und sind es noch immer – „schulbare“ Typ II-Diabetiker, wobei auch interessierte Typ I-Diabetiker bei den Kursen willkommen sind. Damit sollen die Burgenländerinnen und Burgenländer auf die Risiken des Diabetes aufmerksam gemacht werden. In den letzten 15 Jahren, weiß Cerny, wurden im extramuralen und intramuralen Bereich mehr als 8.000 Erwachsene geschult.

Über die Jahre hinweg wurde das Programm immer wieder verändert und an aktuelle Gegebenheiten beziehungsweise Bedürfnisse angepasst. Diabetiker werden von speziell ausgebildeten Ärzten und Ernährungswissenschaftern geschult, werden kontinuierlich von ihrem Arzt weiter betreut und können gratis unter einer Reihe von Kursen etwa zu Themen wie Ernährung oder Gewichtskontrolle wählen. Außerdem beinhaltet das Programm einen jährlichen Gesundheitscheck. Parallel dazu wird in den Schulen das „Informationsprogramm zu Übergewicht und Diabetes“ abgehalten. Dabei werden die Schüler in Zusammenarbeit mit dem Schularzt durch ein vierstündiges Informationsprogramm auf die Krankheit und Risiken aufmerksam gemacht und in ein Screening einbezogen. Das Programm ist zur Zeit noch limitiert auf die neunte Schulstufe in AHS, BHS und BMS. Damit werden etwa 70 Prozent der burgenländischen Jugendlichen dieser Altersgruppe erfasst.

Cerny bedauert, dass der bestens eingeführte „Gesundheits-Bus“, der als mobiles Screening-Center eingesetzt wurde, seit 2010 „Pause machen“ muss. „Es wurden dabei neben Messung des (postprandialen) Blutzuckers auch Blutdruck- und Cholesterinmessungen durchgeführt“, erklärt der Internist; bei sechs bis zehn Prozent der getesteten Menschen wurde ein erhöhter Blutzucker gemessen; 40 Prozent von ihnen hatten zuvor noch nichts von ihrer Krankheit gewusst.

Auch Ärzten werden im Rahmen des „Modell Burgenland“ laufend Fortbildungsmöglichkeiten angeboten. So sind die Seminare der Diabetes-Akademie „bei Turnusärzten genauso wie beim Medizinalrat“ (Cerny) gleichermaßen beliebt. Dort werden Diabetes-spezifische medizinische Schwerpunktthemen erarbeitet und Bereiche wie Steigerung der Compliance, Patientenführung sowie Patientenmotivation mit Experten diskutiert. Die Umsetzung erfolgt in mehreren Modulen im Rahmen von eineinhalbtägigen Seminaren. Neu im Weiterbildungsangebot ist der „Diabetes-Dialog“ speziell für Jungärzte. Dort werden in Workshops Fallbeispiele besprochen und so das Wissen der Teilnehmer erweitert.

Kritik erntete das Modell Burgenland in der Vergangenheit auch deswegen, weil dort – im Unterschied zu anderen Bundesländern – eben lediglich dieses Projekt verfolgt und nicht auf akkordierte Disease Management Pläne oder einheitliche Programme zurückgegriffen wird. „Eine Änderung wäre aus vielen Gründen nicht oder nur sehr schwer machbar“, erklärt Cerny. „Einerseits läuft das Programm sehr erfolgreich – warum also etwas ändern? Andererseits ist das Modell Burgenland nicht auf andere Programme angleichbar; wir müssten dazu von ganz vorne beginnen“ und der bestehende Vertrag mit der burgenländischen GKK und dem Land Burgenland müsste dafür neu aufgesetzt werden. „Die Langwierigkeit dieses Prozesses würde wahrscheinlich ein ‚Fünf-Jahres-Loch‘ in der Versorgung entstehen lassen“, so die Befürchtung von Cerny.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 17 / 10.09.2011