Medizinische Universität Wien: Sparpaket trotz Überschuss

15.07.2011 | Politik

Obwohl die Medizinische Universität Wien im Jahr 2010 einen Überschuss erwirtschaftet hat und noch dazu Rücklagen in Millionenhöhe angesammelt hat, drohen weitreichende Sparmaßnahmen: 180 Ärzte weniger sowie eine Reduktion der Nachtdiensträder.
Von Kurt Markaritzer

Was für Außenstehende wie ein krasser Widerspruch klingt, ist für die Führung der Medizinischen Universität Wien nur konsequent. Vizerektor Peter Soswinski, der in den letzten Jahren für die Finanzen zuständig war: „Der Rechnungsabschluss hat nichts mit den durch Vorgaben des Wissenschaftsministeriums erzwungenen Einsparungen zu tun. Die Urlaubsrückstellungen in der Höhe von 19 Millionen Euro sind nicht disponierbar. Sie dienen dazu, die Urlaubsansprüche der Ärzte langfristig abzusichern. Schließlich kann man nicht verlangen, dass sie auf ihren Urlaub verzichten. Und ein Jahres-Plus von 300.000 Euro spielt in dem Zusammenhang so gut wie keine Rolle.“

Rektor Univ. Prof. Wolfgang Schütz stimmt dem zu: „Ein Überschuss von 300.000 Euro ist bei einem 300-Millionen-Budget eine positive Null, kein Gewinn.“ Dennoch ist die Universität nach Angaben ihrer Führung zu tiefgreifenden Sparmaßnahmen gezwungen, sagt Schütz: „Es steht nach den Ankündigungen des Wissenschaftsministeriums fest, dass das Budget unserer Universität in den Jahren 2013 bis 2015 nicht erhöht wird. Es bleibt also bei dem für 2010 bis 2012 gültigen Budget von circa 300 Millionen, inklusive klinischer Mehraufwand.“ Das habe bisher ausgereicht, betont der Rektor, der darauf verweist, dass die Medizinische Universität Wien in den vergangenen Jahren den Ärztestand im AKH erhöht hat, um die zunehmende Verschiebung von Leistungen aus den anderen Wiener Spitälern in das AKH bewältigen zu können. Damit habe sich so etwas wie eine „Quersubventionierung der Stadt Wien“ ergeben. Nach einer politischen Vereinbarung aus dem Jahr 2005 muss die Medizinische Universität Wien für das AKH alle Ärzte zur Verfügung stellen; 70 Prozent der ärztlichen Leistungen betreffen aber eher Routineleistungen, die nicht zu den Kernaufgaben einer Universität zählen.

Schütz: „Auf die eigentliche Aufgabe einer Universität, nämlich Forschung und Lehre, wird sich das Sparpaket nicht auswirken.“ Spürbar wird es aber beim Personalstand der Ärzte, wo bis 1. Jänner 2013 rechnerisch 180 Stellen eingespart werden müssen. Reduziert werden laut Sparprogramm auch die Nachtdienste an der Medizinischen Universität Wien und damit auch im AKH. Es droht eine deutliche Reduktion der derzeit 172 Nachtdiensträder.

Sparen bei Patienten

Der Kurienobmann der angestellten Ärzte in der ÖÄK und Betriebsratsobmann, Univ. Prof. Thomas Szekeres, zeigt zwar grundsätzlich Verständnis für die Sparzwänge: „Es stimmt, dass die zugeteilten Mittel nicht ausreichen werden, um den routinemäßigen Anstieg der Kosten abzufangen. Es werden also Gelder fehlen.“ Nicht abfinden will er sich mit der vorgesehenen Lösung: „Mit dieser Begründung werden Stellen nicht nachbesetzt und starke Kürzungen bei den Journaldiensten, also den Nachtdiensten, angekündigt.“ Und Szekeres gibt sich kämpferisch: „Ich verstehe nicht, dass die Bundesregierung bei den Patienten spart und das tut sie, weil Einsparungen an der Medizinischen Universität an den Patienten wirksam werden, zum Beispiel durch die Kürzungen bei den Nachtdiensten, die schon in den vergangenen Jahren von ursprünglich 230 um 58 reduziert wurden. Gekürzt werden soll gleichermaßen bei allen Kliniken, aber das ist insbesondere in der Notfallaufnahme, der Chirurgie und Anästhesie, in der Kinderklinik aber auch in der Unfallchirurgie schlicht unmöglich. Dort sind die Zustände schon jetzt prekär.“

Und auch Reduzierungen beim Personalstand können nicht der Weisheit letzter Schluss sein, sagt der Kurienobmann: „Die Situation ist nicht zuletzt deswegen bedenklich, weil die Belastung der Ärzteschaft laufend zunimmt. Die Kolleginnen und Kollegen, die das ja tagtäglich am eigenen Leib erleben, können deswegen gar nicht glauben, dass so radikale Einsparungen vorgenommen werden sollen.“

Zaghafte Hoffnungen setzt Szekeres in die Politik: „Wir hoffen, dass das Ministerium doch noch mehr Geld zur Verfügung stellt, sehr optimistisch bin ich aber nicht. Wir sind als Betriebsrat auch nicht in die Gespräche zwischen Universität und Ministerium eingebunden. Wir fordern von der Finanzministerin die Abdeckung der Kosten für das Personal, um auch künftig wie bisher für unsere Patienten da sein zu können.“

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 13-14 / 15.07.2011