Kommentar – Dr. Karlheinz Kux: Ärzte lassen sich nicht verplanen!

10.05.2011 | Politik

Wieder einmal stehen wir vor einer Gesundheitsreform. Diesmal vielleicht – wegen des Diktats der leeren Kassen – mit Fortschrittschancen (?).

Das entscheidende Gremium ist die politische Steuerungsgruppe, bestehend aus je zwei Bundes-, Landes- und Krankenversicherungsvertretern. Frei nach dem althergebrachten Motto: „Wer zahlt, schafft an“. Nur, so althergebracht funktioniert Gesundheitspolitik jedenfalls heutzutage nicht mehr. Strukturreformen werden verlangt und sind auch notwendig: Planung, Steuerung und Finanzierung im Spitalsbereich wird zum finalen Kompetenzmatch zwischen Bund und Ländern.

Stehen Kompetenzfragen wirklich im Vordergrund oder sind sie eine Folge von gesundheitspolitischen Zielen und Erfordernissen?

Wie will man denn Kompetenz- und Strukturfragen auch nur konzipieren oder gar umsetzen, ohne diejenigen, die wissen, welche medizinischen Versorgungsleistungen die Menschen heute und morgen brauchen, wo und wie sie erbracht werden können?

Das wissen in erster Linie aus ihrer Ausbildung, Berufsausübung in der tagtäglichen Arbeit mit ihren Patienten, die Ärzte und ihre Vertretung!

  • Sie kennen die Nöte und Behandlungserfordernisse ihrer Patienten;
  • Sie kennen den Fortschritt der Medizin;
  • Sie haften letztlich persönlich für die Behandlung;
  • Sie wissen, wie, wo und in welchen Gesundheitseinrichtungen Medizin optimal erbracht werden kann;
  • Sie sind also zumindest zu hören, wenn Strukturreformen konzipiert und umgesetzt werden sollen, und zwar von Anfang an.

Ärzte sind viel mehr als Gesundheitsdiensteanbieter: sie und ihre Vertretung sind verantwortliche Vertragspartner im Einzelnen wie im Gesamten für den ambulanten Versorgungsbereich. Sie sind es aber auch, die stationäre Versorgungsleistungen und die Rehabilitation sehr stark beeinflussen; Ärzte sind es also, die Strukturveränderungen im Leistungsbereich umsetzen sollen, d.h. aber auch mittragen und gegenüber dem Patienten unmittelbar mitverantworten müssen. Will man zum Beispiel auch nur versuchen, die Spitäler zu entlasten, braucht man die Spitalsärzte und ihre Vertreter mit fachlicher und standespolitischer Umsetzungskompetenz. Denn: Spitalsentlastung kann auch (unverantwortbare) Spitalsärztebelastung bedeuten.

Um eine solche zu vermeiden, braucht man wieder fach- und standespolitisch kompetente Vertreter niedergelassener Ärzte, die im kollegialen und medizinischen Konsens mit den Spitalsärztevertretern zusammenarbeiten. Ansonsten kann und wird es nicht funktionieren!

Es ergibt also überhaupt keinen Sinn, wenn man – ohne zumindest die beratende Fachkompetenz der Ärzte – eine politische Steuerungsgruppe auf Bundesebene installiert. Natürlich können und werden sich diese Akteure die – ihrem politischen Standpunkt genehme – medizinische Fachmeinung schon besorgen können, aber es wird eben nur eine bestellte Fachmeinung sein, oftmals gar nicht von Ärzten, sondern von Medizintechnokraten und Medizinbürokraten.

Und letztlich: Will der Hauptverband ein vertragstreuer Partner der Österreichischen Ärztekammer sein, so wird er aufgrund des Vertrages vom 10.6.2009 bemüht sein müssen, die Österreichische Ärztekammer zu dieser Steuerungsgruppe beizuziehen. In diesem Vertrag wurde nämlich u.a. die gemeinsame Bedarfsprüfung, Strukturentwicklung, Qualitätssicherung etc. vereinbart; der Hauptverband wird auf politischer Ebene nur vertragskonform, d.h. mit der Österreichischen Ärztekammer, agieren können.

Es wird also Zeit, Vertreter der Österreichischen Ärztekammer – zumindest mit beratender Stimme – in die Steuerungsgruppe einzuladen.

*) Dr. Karlheinz Kux ist Kammeramtsdirektor der ÖÄK

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 9 / 10.05.2011