Hör­ge­räte-Ver­sor­gung: Pro­vi­sio­nen unzulässig!

15.08.2011 | Politik

Bei der Ver­ord­nung von Hör­ge­rä­ten zusätz­lich zum Unter­su­chungs­ho­no­rar noch Zuwen­dun­gen ent­ge­gen zu neh­men, beein­träch­tigt nicht nur die Arzt-Pati­en­ten-Bezie­hung, son­dern ist dar­über hin­aus unzu­läs­sig und straf­bar.
Von Marion Huber

Immer wie­der kur­sie­ren Gerüchte, wonach HNO-Ärzte in Ein­zel­fäl­len Pro­vi­sio­nen für die Zuwei­sung von Pati­en­ten an bestimmte Hör­ge­räte-Akus­ti­ker erhal­ten, wie Wil­helm Strein­zer, Obmann der Bun­des­fach­gruppe HNO der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer erklärt. „Völ­lig unbe­wie­sen und auf­grund der recht­li­chen Lage auch nur schwer vor­stell­bar“, sagt Strein­zer zu die­sem Vor­wurf, „denn die Annahme von Pro­vi­sio­nen in Zusam­men­hang mit der Hör­ge­räte-Ver­sor­gung würde einen dis­zi­pli­nar­recht­li­chen Tat­be­stand ver­wirk­li­chen“. § 53 Abs 2 Ärz­teG ist dies­be­züg­lich ein­deu­tig, ergänzt der stv. Kam­mer­amts­di­rek­tor der ÖÄK, Johan­nes Zahrl: „Der Arzt darf keine Ver­gü­tun­gen für die Zuwei­sung von Kran­ken an ihn oder durch ihn sich oder einem ande­ren ver­spre­chen, geben, neh­men oder zusi­chern las­sen. Rechts­ge­schäfte, die gegen die­ses Ver­bot ver­sto­ßen, sind nich­tig. Leis­tun­gen aus sol­chen Rechts­ge­schäf­ten kön­nen zurück­ge­for­dert werden.“

„Auf­fäl­lig“ sei aller­dings der jewei­lige zeit­li­che Zusam­men­hang der­ar­ti­ger Vor­würfe mit Ver­hand­lun­gen des Haupt­ver­ban­des mit den Hör­ge­räte-Akus­ti­kern. Strein­zer dazu: „Man will die HNO-Ärzte von der Hör­ge­räte-Ver­sor­gung ent­kop­peln.“ Der Grund­kon­flikt reicht schon einige Zeit zurück: „HNO-Ärzte erbrin­gen im Rah­men der Hör­ge­räte-Ver­sor­gung Leis­tun­gen, für deren Bezah­lung sich nie­mand zustän­dig fühlt“, erklärt er. Ein unter­schrifts­fer­ti­ges Modell einer qua­li­täts­ge­si­cher­ten Hör­ge­räte-Ver­sor­gung, das gemein­sam mit dem Haupt­ver­band, der HNO-Bun­des­fach­gruppe der ÖÄK und den Hör­ge­räte-Akus­ti­kern ent­wi­ckelt wurde, ist im letz­ten Moment an Haupt­ver­bands-inter­nen Strei­te­reien geschei­tert. Strein­zer wei­ter: „So haben die HNO-Ärzte auf die Bezah­lung ihrer Leis­tun­gen zum Groß­teil ver­zich­tet und auch den Ablauf der Hör­ge­räte-Ver­sor­gung geän­dert. Und den­noch gibt es regel­mä­ßig der­ar­tige Korruptionsvorwürfe.“

Ver­ord­nung vor Zuweisung

Der Ablauf der Hör­ge­räte-Ver­sor­gung wurde in einem gemein­sa­men Rund­schrei­ben von der Bun­des­fach­gruppe HNO der ÖÄK und dem Haupt­ver­band der Sozi­al­ver­si­che­rungs­trä­ger im Okto­ber 2009 neu fest­ge­legt: Der Fach­arzt muss seit­her eine Ver­ord­nung mit Indi­ka­ti­ons­stel­lung zur Hör­ge­rä­te­ver­sor­gung aus­stel­len, bevor der Pati­ent den Akus­ti­ker zur Anpas­sung auf­sucht. Dadurch soll sicher­ge­stellt wer­den, dass der Pati­ent frei ent­schei­den kann, wel­chen Akus­ti­ker er auf­sucht. Zuvor sei es üblich gewe­sen, dass der Pati­ent zuerst zuge­wie­sen und die Ver­ord­nung erst nach der erfolg­rei­chen Ver­sor­gung aus­ge­stellt wurde. „Das hätte zu einer mög­li­chen Beein­flus­sung der Pati­en­ten bei der Wahl des Akus­ti­kers füh­ren kön­nen“, erklärt der Fach­grup­pen­ob­mann. Dar­über hin­aus sollte damit auch gewähr­leis­tet wer­den, dass die Akus­ti­ker mit der Anpas­sung der Hör­ge­räte erst dann begin­nen, wenn die Ver­ord­nung vorliegt.

Gemäß die­sem Schrei­ben seien die Kran­ken­kas­sen dazu ange­hal­ten, das Ver­ord­nungs­ver­hal­ten der HNO-Ärzte zu über­prü­fen und etwa­ige Auf­fäl­lig­kei­ten – wie etwa auf­fal­lend viele Zuwei­sun­gen an einen bestimm­ten Akus­ti­ker­be­trieb, die sich nicht aus loka­len Gege­ben­hei­ten erklä­ren las­sen – dem Haupt­ver­band und der Bun­des­fach­gruppe zu mel­den. Strein­zer dazu: „Nur die Kas­sen ver­fü­gen über diese Daten. Die ÖÄK und die Bun­des­fach­gruppe sind auf die Mel­dun­gen der Kas­sen ange­wie­sen, um tätig wer­den zu kön­nen.“ Wenn kon­krete Sach­ver­halte bekannt wer­den, wird „von uns der Dis­zi­pli­nar­an­walt ein­ge­schal­tet“, betont Strein­zer.

Der Bun­des­fach­grup­pen­ob­mann hebt in die­sem Zusam­men­hang noch die Aus­wir­kun­gen auf die Arzt-Pati­en­ten-Bezie­hung her­vor: „Der Scha­den, den sol­che Ärzte anrich­ten, ist groß. Denn die Pati­en­ten könn­ten das Ver­trauen in ihren Arzt ver­lie­ren und den Ein­druck bekom­men, dass der finan­zi­elle Aspekt im Vor­der­grund steht.“

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 15–16 /​15.08.2011