Generika: Compliance Killer?

10.04.2011 | Politik

Über Qualität und Einsparungspotential sowie Vor- und Nachteile einer vermehrten Verschreibung von Generika-Präparaten diskutierten namhafte Vertreter des Gesundheitssystems bei einer Veranstaltung Ende März in Wien.
Von Birgit Oswald

„Wir können es nicht im Raum stehen lassen, dass Generika schlechter oder qualitativ minderwertiger sind. Das sind Fehlinformationen, die ohne wissenschaftlichen Hintergrund immer wieder wiedergekäut werden“, betonte der Bereichsleiter der AGES PharmMed Univ. Prof. Marcus Müllner zu Beginn einer Diskussionsrunde zum Thema „Generika – Wissenschaft oder Werbung“ Ende März in Wien.

Die einwandfreie Qualität von Generika bestätigte auch der Vertreter der Österreichischen Apothekerkammer, Wolfgang Jasek: „Die Qualität von Generika stimmt. Es ist eine sinnvolle Art, Arzneimittelkosten zu sparen.“ Durch die finanziellen Einsparungen könnten wiederum Innovationen gefördert werden, wie Evelyn Schödl, Präsidentin des Industrieverbandes der forschenden pharmazeutischen Industrie (FOPI), betonte. Das Einsparungspotential durch vermehrtes Verschreiben von Generika sei laut FOPI-Präsidentin aber eher gering: „Ganz am Anfang ist ein großer Preisunterschied zwischen Original und Generikum. Aber nach dem dritten Generikum sind die Preisunterschiede minimal. Die Verschreibung von Generika zu erhöhen, wird daher nicht so viel Einsparung bringen.“ Dem hielt Bernd Leiter, Obmann des Österreichischen Generikaverbandes, entgegen, dass etwa bei der Umstellung von Original auf Generikum bei Protonenpumpenhemmern eine Einsparung von circa 50 Millionen Euro erreicht wird.

Leiter identifizierte daher nicht die Umstellung auf ein Generikum, sondern das wechselnde Aussehen und das ständige Wechseln der Präparate als Problem, dass sich negativ auf die Compliance auswirken und sogar als regelrechter „compliance killer“ fungieren könne. Das betreffe vor allem ältere Menschen, wie der Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, Günther Wawrowsky, anmerkte. Und weiter: „Dieser ständige Wechsel im Aussehen, in der Farbe, im Design – das ist eine Irritierung der Patienten“.

Auch Vertreter des Hauptverbands, Univ. Prof. Klaus Klaushofer, kam nicht umhin, gewisse Probleme betreffend der Compliance anzuerkennen. „Das ist ein reales Problem der Medizin, das erkenne ich an. Ich erkenne aber nicht an, dass das missbraucht wird. Es soll nicht ständig Verunsicherung geschaffen werden“. Bezüglich dessen beruhigte Apothekervertreter Jasek. Zwar seien Generika-Verschreibungen noch immer mit einem hohen Beratungsaufwand in der Apotheke verbunden, so steige die Akzeptanz in der Bevölkerung aber stetig. „Von zwei Drittel werden Generika akzeptiert, ein Drittel mault nach wie vor, davon gibt es einen kleinen Prozentsatz, der weder Arzt noch Apotheker glaubt“, so Jasek.

Zusammenarbeit wichtig

Klaushofer plädierte für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Hauptverband und Ärzteschaft. Nur gemeinsam mit den Ärzten wäre es zu schaffen, das Generika-Potential auszuschöpfen. Diesbezüglich zeigte sich Wawrowsky zuversichtlich. „Es ist gelungen, der ökonomischen Verschreibungen betreffend ein konstruktives Klima zu erarbeiten, das nicht über Strafandrohungen läuft. Die Zusammenarbeit ist dem Hauptverband gelungen“, so Wawrowsky. Dennoch gebe es in der Praxis einige Schwierigkeiten bezüglich der Handhabung mit Generika. „In der Ausbildung im Spital hat man reichlich Umgang mit Originalpräparaten, die Krankenanstalten werden damit gratis beliefert. In der Ordination soll dann umgestellt werden. Das ist eine äußerst schwierige Aufgabe und macht das Verordnen von Generika nicht leicht.“ Außerdem sei es etwa bei prophylaktischen Medikamenten schwierig, die Effekte nachzuvollziehen, da die Wirksamkeit dieser Medikamentengruppe nicht wie etwa bei Schmerzmitteln direkt spürbar oder wie bei Blutdrucksenkern sofort am Erfolg messbar sei. Wie Wawrowsky weiter betonte, „ist es nicht erklärtes Ziel in der Verschreibungsdebatte, 100 Prozent Generika-Anteil zu haben“. Dennoch gebe es aber sinnvolle Projekte, die Patienten dazu anspornen würden, Generika gegenüber aufgeschlossener zu sein.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 7 / 10.04.2011