Arzneimittel aus dem Internet: Ein lukratives Geschäft

15.12.2011 | Politik



Mit gefälschten Arzneimitteln wurde im Jahr 2010 ein Umsatz von 56 Milliarden Euro erzielt. Österreich ist im Kampf dagegen sehr erfolgreich: So kommt beinahe ein Viertel aller Aufgriffe von gefälschten Arzneimitteln in der EU aus Österreich.

Von Ruth Mayrhofer

Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass etwa zehn Prozent aller medizinischen Produkte, also Arzneimittel und Medizinprodukte, die in Entwicklungsländern verkauft werden, Fälschungen sind. In Industrieländern mit einer starken regulatorischen Struktur wie in den USA oder Europa sind noch bis zu ein Prozent aller medizinischen Produkte Plagiate. Weltweit betrug der Jahresumsatz mit gefälschten Arzneimitteln im Jahr 2005 rund 30 Milliarden Euro. Bis 2010 hat sich der Betrag auf 56 Milliarden Euro nahezu verdoppelt. Laut einer EU-Studie lässt sich mit Arzneimittelfälschungen bis zu 2.000 Mal mehr verdienen als mit dem „klassischen Drogenhandel“. Ein Beispiel: Mit einem Kilogramm gefälschtem Viagra wird mehr Gewinn erzielt als mit einem Kilogramm Heroin.

Ebenso steigt die Zahl von gefälschten Medikamenten, die über den schwer kontrollierbaren und illegalen Internethandel nach Österreich gelangen, ständig an. Allein in der Woche von 20. bis 29. September 2011 wurden 1.391 Packungen von illegalen Arzneispezialitäten durch das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) beschlagnahmt. Insgesamt wird für 2011 neuerlich eine massive Steigerung bei den Fällen von Arzneimittelfälschungen erwartet. In den ersten drei Quartalen 2011 wurden in Österreich bei 545 Aufgriffen durch die Zollbehörden 25.027 Arzneimittelplagiate aus dem Verkehr gezogen. Damit ist die Zahl der Aufgriffe bereits höher als jene im gesamten Jahr 2010.

78 Prozent Gesundheits-schädigend

Die Gefährlichkeit der Arzneimittelkriminalität belegen auch die aktuellsten Zahlen des staatlichen Kontrolllabors (Official Medicines Control Laboratory, OMCL), das zwischen Jänner und Oktober 2011 mehr als 1.000 Proben von illegalen Arzneimitteln analysiert hat. Davon stellten sich mehr als 78 Prozent als Gesundheits-schädigend heraus. „Durch die nationalen und internationalen Gesetze können die unterschiedlichen Institutionen noch besser zum Schutz der öffentlichen Gesundheit zusammenarbeiten. Allein seit Inkrafttreten des Arzneiwaren-Einfuhrgesetzes in Österreich hat sich die Zahl der Importfälle, die im BASG einlangen, deutlich reduziert“, erklärte Marcus Müllner, Bereichsleiter der AGES PharmMed.

Österreich ist, wie Finanzstaatssekretär Andreas Schieder betonte, im Kampf gegen Arzneimittelfälschungen sehr erfolgreich. Immerhin kommt nahezu ein Viertel aller in der EU getätigten Aufgriffe aus Österreich. Schieder führt diese hohen Aufgriffszahlen einerseits auf die erhöhte Anzahl an geschmuggelten Waren, andererseits auf die verbesserte Rechtslage in Österreich zurück. Mit dem im August 2010 in Kraft getretenen Arzneiwaren-Einfuhrgesetz wurden die Vorschriften in Sachen Medikamentenschmuggel nämlich weiter verschärft. Demnach ist die Bestellung von Arzneimitteln über Internet, Telefon, Teleshopping und E-Mail grundsätzlich illegal. Ausnahmen gibt es lediglich bei ausländischen Apotheken, die rezeptfreie Arzneimittel, die in Österreich zugelassen sind, nach Österreich versenden. Weiters muss die Menge dem persönlichen Bedarf entsprechen und darf nur von einer zum Versand befugten Apotheke verschickt werden. Konsumenten, die gegen das Arzneiwaren-Einfuhrgesetz verstoßen, drohen hohe Strafen. Die bestellten Arzneimittel werden durch die Zollorgane beschlagnahmt und vernichtet. Außerdem muss der Besteller, der für die Kosten der Vernichtung der Ware aufkommen muss, auch mit einer Verwaltungsstrafe von bis zu 7.260 Euro rechnen.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 23-24 / 15.12.2011