Teilapprobation: Benachteiligung droht!

10.02.2011 | Politik

Gegen die geplante Teilapprobation nach dem Studium sprachen sich Vertreter der ÖÄK bei einer Diskussionsveranstaltung aus. Die Gefahr dabei: Turnusärzte zweiter Klasse, vor allem für Frauen könnte es zu massiven Nachteilen kommen.
Von Birgit Oswald

Sowohl der Vorschlag von Wissenschaftsministerin Beatrix Karl, ein klinisch-praktisches Jahr im Medizinstudium mit anschließender Teilapprobation einzuführen, als auch die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Turnus wurden von den Vertretern der drei Medizinischen Universitäten in Österreich, der Österreichischen Ärztekammer und des Gesundheitsministeriums bei einer Expertendiskussionsrunde im Rahmen des Kongresses für Medizinerausbildung Ende Jänner in Wien diskutiert. „Ich werde mit den Medizinuniversitäten daran arbeiten, das klinisch-praktische Jahr weiter auszubauen, ich halte das für einen wichtigen Schritt“, eröffnete Karl die Gesprächsrunde.

Kritik an diesem Vorhaben kam von der Obfrau der Bundessektion Turnusärzte in der ÖÄK, Katharina Gordon. Junge Ärzte in Ausbildung seien nicht daran interessiert einen etwaigen Titel einer Teilapprobation zu erhalten, sondern wollen Fertigkeiten, mit deren Hilfe ein selbstständiges Arbeiten möglich wird, erlangen. „Es zeichnet sich ab, dass man mit dieser Teilapprobation eine neue Klasse schafft, die keinen richtigen Abschluss hat und jahrelang in der Ambulanz steht, ohne sich selbstständig machen zu können“, so Gordon. Vor allem für Frauen könnte eine solche Approbation zur „Einbahnstraße“ werden. Ablehnung kam auch von ÖÄK-Präsident Walter Dorner. Er zeigte zwar Verständnis für die Universitäten, den Absolventen bessere praktische Fertigkeiten mitgeben zu wollen, hält jedoch die Teilapprobation keineswegs als geeignetes Mittel dafür. „Die Teilapprobation ist kein Hilfsmittel und keine Krücke, um eine probate Ausbildung eines Allgemeinmediziners herzustellen“. Den Begriff der Teilapprobation möchte Dorner zukünftig vermeiden. „Entweder ich bin approbiert oder ich bin es nicht“, untermauerte der Ärztekammer-Präsident.

Der Rektor der Medizinischen Universität Wien, Univ. Prof. Wolfgang Schütz, kündigte allerdings erste praktische Schritte in Richtung Teilapprobation an: „Wir von den Medizinuniversitäten werden – wie immer die Entscheidung ausgeht – das Curriculum so ändern, dass – wie in Deutschland – ein praktisches Jahr im letzten Studienjahr existiert, wodurch die Möglichkeit besteht, dass die Absolventen teilapprobiert sind“.

Sektionschef Gerhard Aigner vom Gesundheitsministerium brachte daraufhin das von Gesundheitsminister Alois Stöger vorgestellte Modell des „Common Trunk“ (gemeinsamer Stamm) in die Diskussion ein. Dabei handelt es sich um ein gemeinsames Praxisjahr bestehend aus sechs Monaten Chirurgie und sechs Monaten Innerer Medizin nach skandinavischem Vorbild. „Die Idee, die wir mit viel Optimismus verfolgen, ist die, dass sich an ein praktisch verbessertes Medizinstudium ein Jahr für alle Varianten einer postpromotionellen Ausbildung anschließt. Danach sollte man sich für eine Ausbildung zum Facharzt oder Allgemeinmediziner entscheiden“, erklärte Aigner. Entscheidet sich jemand nach dem gemeinsamen Praxisjahr für Allgemeinmedizin, soll ein Jahr praktische Ausbildung in einer Krankenanstalt und ein Jahr in der Lehrpraxis folgen.

Dorner zeigte sich offen gegenüber der Idee des gemeinsamen Stamms. „Ich kann mich auch damit anfreunden, dass jeder nach dem Studium Innere Medizin macht. Auch das zweite halbe Jahr, dass hier angedacht ist, ist wichtig.“ Dringend müsse aber die Frage der Finanzierung der Lehrpraxen geklärt werden.

Schon zuvor hatte Dorner betont, dass zukünftig ein Teil der Ausbildung von angehenden niedergelassenen Ärzten unbedingt in Lehrpraxen erfolgen müsse, um eine besonders praxisrelevante Ausbildung gewährleisten zu können – von der die Patienten profitieren würden. Die Finanzierung müsse – so die Überzeugung des ÖÄK-Präsidenten – deshalb vor allem durch öffentliche Hand erfolgen. „Die derzeitige Lehrpraxisfinanzierung in Höhe von circa 900.000 Euro pro Jahr ist lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein“. Diese müsse als Zukunftsinvestition des Staates gesehen und auf elf Millionen Euro ausgeweitet werden. „Bedenkt man, dass die niedergelassenen Ärzte im Jahr 2009 über 70 Millionen Euro über die von der Bundesregierung vorgegebene Einsparungsvorgabe hinaus eingespart haben, sehen Sie, dass dieses Geld beim Hauptverband da ist“, so Dorner weiter. Einen Vorschlag zur Finanzierung der Lehrpraxen konnte Gerhard Aigner im Rahmen der Diskussion nicht anbieten.

Turnus unter Beschuss

Auch der Turnus in seiner derzeitigen Form wurde von den Diskutanten heftig kritisiert, besonders von den Rektoren.

Nach Ansicht von Dorner sollte der Turnus nicht komplett abgeschafft, sondern lediglich verbessert werden. Laut ÖÄK-Umfrage aus dem Jahr 2010 verbringen Turnusärzte fast 50 Prozent ihrer Arbeitszeit mit administrativen Tätigkeiten sowie Dokumentation; bei Fachärzten liegt dieser Anteil bei immerhin 30 Prozent. „Das, was ich im Turnus am besten gelernt habe, ist tippen,“ erklärte ein Turnusarzt aus dem Publikum. „Von den Administrationstätigkeiten gehören Turnusärzte massiv entlastet, etwa durch den Einsatz von Dokumentations- und Administrativassistenten. Selbst für etwas verantwortlich zu sein, heißt nicht, dass man alles auch selbst tun muss“, ergänzte Dorner. Dabei liege bereits seit dem Jahr 2000 von Seiten der Österreichischen Ärztekammer ein ausgearbeitetes Turnusärzte-Tätigkeitsprofil vor.

„Ein Tätigkeitsprofil ist ein Muss! Das wird zu mehr Zufriedenheit auf allen Seiten führen,“ fügte Gordon hinzu. „Dann hätten die Turnusärzte wieder mehr Zeit für ihre Ausbildung und damit mehr Zeit für Medizin“, ergänzte der ÖÄK-Präsident. Er präsentierte im Zuge der Veranstaltung auch „Zehn Gebote zur Verbesserung der Ausbildung“ (siehe Kasten).

Aufwertung der Allgemeinmedizin

Nach Ansicht von Schütz soll der Allgemeinmediziner sowohl in der Wertigkeit als auch in der Ausbildung dem Facharzt gleichgestellt werden. Der Vertreter des Ministeriums, Gerhard Aigner, zeigte sich gegenüber der Bezeichnung „Facharzt“ skeptisch: Ein Facharzt für Allgemeinmedizin unterlege wie jeder Facharzt einer Sonderfachbeschränkung, daraus würden sich praktisch viele Probleme bezogen auf das Tätigkeitsfeld ergeben. „Darf der Allgemeinmediziner dann die Operationsfäden entfernen oder muss dafür ein Chirurg konsultiert werden?“, so Aigner. Es gehe ihm um Inhalte, nicht um Bezeichnungen. Die Verbesserung der Ausbildung zum Allgemeinmediziner ohne Facharzttitel reiche – so Aigner – aus, da dieser ohnedies einen guten Stellenwert in der Gesellschaft habe.

Zehn Verbote zur Verbesserung der Ausbildung

  • Es sollen nur jene Personen Medizin studieren, die auch wirklich Ärztin beziehungsweise Arzt werden wollen.
  • Der Turnus gehört nicht abgeschafft, sondern verbessert!
  • Zukünftige Fachärzte sollen ihre FA-Ausbildung gleich beginnen.
  • Wir brauchen keine Teilapprobation und damit keine „Schmalspurmediziner“ und damit auch kein Bakkalaureat Medizin.
  • Lehrpraxisausbildung: Finanzierung durch die öffentliche Hand notwendig.
  • „Verschränkung“ von Lehrpraxisausbildung und gleichzeitige Ableistung von Nachtdiensten in den Krankenhäusern.
  • Umsetzung des Turnusärzte-Tätigkeitsprofils.
  • Aufwertung der Ausbildner – Etablierung einer Ausbildungskultur.
  • Reduktion der administrativen Tätigkeiten von Ärztinnen und Ärzten.
  • Konzentration auf das Wesentliche: Mehr Zeit für Patientinnen und Patienten und damit für Medizin.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 3 / 10.02.2011