neu & aktuell: Medizinische Kurzmeldungen

10.03.2011 | Medizin


Gefahr durch resistente Keime

Europaweit sei die Situation im Hinblick auf resistente Keime Besorgnis erregend; einzige Ausnahme: die Niederlande, erklärte Prof. Stefan Kaufmann vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin. Eine Besserung sei nicht abzusehen, weil schlagkräftige Antibiotika fehlen, welche die Resistenz von Staphylokokken und Enterokokken überwinden könnten.
DPA


Aids 2010: stabile Situation

Im Jahre 2010 wurden in Österreich nach Angaben des Gesundheitsministeriums 487 neue HIV-Infektionen, 31 Aids-Erkrankungen und elf Todesfälle registriert. Die Situation ist im Vergleich zu den Vorjahren stabil. Diesbezügliche Statistiken werden seit 1993 geführt; damals wurden zehn Erkrankungen und neun Todesfälle registriert.
APA

EPO beeinflusst Immunsystem

Die Gabe von Erythropoietin hemmt die Produktion von Entzündungsfaktoren, wie Forscher im Tierversuch auf molekularer Ebene nachweisen konnten. Infizierte man Mäuse mit Salmonellen, führte dies zu einer geringeren Überlebenschance. Bei chemisch ausgelösten Darmentzündungen wurde jedoch weniger Gewebe geschädigt.
APA/Immunity

Impfstoff auf Zellkulturbasis wirksam

Die Protektionsrate des auf Zellkulturbasis entwickelten Impfstoff lag gegen die saisonale Influenza 2008/2009 bei 78,5 Prozent, gegen A/H1N1 bei 79 Prozent. Vor jeglichen Influenza-Infektionen schützte die Vakzine zu 71,5 Prozent. Das zeigt eine klinische Studie an 7.250 Probanden in den USA. In Österreich wurde dieser saisonale Influenza-Impfstoff 2010 weltweit als Premiere erstmals zugelassen.
APA/The Lancet

Ozon und Feinstaub: Ursache für Allergien

Langlebige reaktive Sauerstoffformen auf der Oberfläche von Schwebeteilchen in der Luft konnten erstmals von Forschern des Max-Planck-Instituts (MPI) in Mainz und des Paul Scherrer-Instituts in Villingen (Schweiz) nachgewiesen werden. Diese Sauerstoffformen entstehen beim Abbau von Ozon, überleben mehr als 100 Sekunden und reagieren in dieser Zeit mit anderen Luftschadstoffen wie Stickoxiden, wobei die Schwebeteilchen oxidiert und nitriert werden. Das macht Rußpartikel giftiger und erhöht das Potenzial von Pollen, Allergien auszulösen. Zur Bildung dieser Zwischenformen von Sauerstoff kommt es, wenn Ozon mit Feinstaub wie Ruß oder Polleneiweißen reagiert. „Je mehr Ozon und Stickoxide durch Industrie- und Autoabgase entstehen, desto häufiger werden Proteine wie etwa in Birkenpollen nitriert, und das reizt unser Immunsystem“, so Forschungsleiter Ulrich Pöschl vom MPI. Das könnte der Grund dafür sein, dass Allergien in den Industrieländern auf dem Vormarsch sind.
APA/Nature Chemistry

Auch bei Blinden: Sehnerven aktiv

Selbst bei Menschen, die von Geburt an blind sind, bildet sich der Gennari-Streifen aus, der visuelle Wahrnehmungen weiterverarbeitet, wie eine Studie des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig zeigt. Bei der Untersuchung von Blinden und Sehenden mittels Kernspintomographie wies bei Blinden die Region um den Gennari-Streifen im hintersten Teil des Großhirns, während sie die Braille-Schrift lasen, eine erhöhte Aktivität auf. Das etwa 0,3 Millimeter dicke Nervenfasernband ist demnach bei Blinden gleich ausgeprägt wie bei sehenden Menschen. Bei blinden Menschen nutzt das Gehirn taktile und akustische Reize, um auch ohne visuelle Informationen eine ungefähre räumliche Vorstellung von der Umwelt zu erzeugen. Der Gennari-Streifen, dessen Funktion bislang unklar war, könnte dabei eine besondere Rolle spielen.
APA/Cerebral Cortex

Hohe Rauchbelastung in Wiener Lokalen

Ganze 91 Prozent von 1.590 befragten Besuchern der Wiener Gaststätte fühlen sich durch Zigarettenrauch in irgendeiner Form belastet; bei den Nichtrauchern sind es fast 100 Prozent, bei den Rauchern mehr als 80 Prozent. Das zeigt eine Befragung, die im Rahmen einer Diplomarbeit am Institut für Umwelthygiene der Medizinischen Universität Wien im ersten Halbjahr 2010 durchgeführt wurde. Ein weiteres Ergebnis: Insgesamt spricht sich die Mehrheit der Befragten für ein generelles Rauchverbot (in Lokalen) aus. Luftmessungen in Wien haben darüber hinaus in Lokalen, wo geraucht wird, extreme Feinstaubbelastungen ergeben. Univ. Prof. Manfred Neuberger vom Institut für Umwelthygiene der Medizinischen Universität Wien dazu: „In einem mittel belasteten Raucherlokal haben sie Belastungen von 600 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft“. Der Grenzwert für Feinstaubbelastung in Umgebungsluft beträgt 50 Mikrogramm.
APA

Cannabis wirkt appetitanregend

Die Wirkung von Tetrahydrocannabinol (THC) auf den Appetit untersuchten Forscher der kanadischen Universität Alberta. Dabei bekamen 21 Patienten, die auf Grund eines fortgeschrittenen Tumors eine Chemotherapie erhalten hatten, THC: Ein Teil der Gruppe erhielt 18 Tage Tabletten, der Rest der Gruppe ein Placebo. Ergebnis: 73 Prozent der Patienten, die THC geschluckt hatten, sagten, sie hätten ihr Essen wieder lieber gemocht; 55 Prozent schmeckte das Essen auch besser. In der Placebo-Gruppe sagten das nur 30 beziehungsweise 10 Prozent. Weiters fühlten sich die Patienten, die THC erhalten hatten, entspannter und schliefen auch besser. Nebenwirkungen gab es nicht.
APA/Annals of Oncology

Alopezie: Indikator für Prostatakarzinom

Männer, bei denen es um das 20. Lebensjahr zu moderatem bis schwerem Haarausfall kommt, erkranken doppelt so oft an einem Prostatakarzinom als diejenigen, bei denen die Glatzenbildung erst mit 30 oder 40 Jahren einsetzt. Das haben Forscher der Descartes Universität Paris aufgrund einer Untersuchung von 388 Männern mit einem Prostatakarzinom im Vergleich zu Gesunden herausgefunden. Dabei gaben die Männer Auskünfte über eine allfällige Erkrankung; ebenso wurden Fotos der Teilnehmer, als sie 20, 30 beziehungsweise 40 Jahre alt waren, ausgewertet. Ergebnis: Der Großteil der Erkrankungen – sie wurden meist zwischen dem 46. und 84. Lebensjahr registriert – trat bei denjenigen Männern auf, die im Alter von 20 Jahren erst moderaten Haarverlust aufwiesen. Mit zunehmendem Alter – schon zwischen 30 und 40 Jahren – verliert sich die Signifikanz. Laut dem Studienautor Philippe Giraud seien jedoch weitere Untersuchungen notwendig.
APA/Annals of Oncology

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 5 / 10.03.2011