Kur nach Krebs: Ein Jahr Wartefrist

10.02.2011 | Medizin

Ent­ge­gen der frü­he­ren Ansicht, dass man nach einer Krebs­er­kran­kung fünf Jahre war­ten sollte, bis man eine Kur antritt, wird heute ein Zeit­raum von einem Jahr War­te­frist als aus­rei­chend ange­se­hen. Wie dabei aller­dings die Details aus­se­hen, dar­über gehen die Mei­nun­gen aus­ein­an­der.
Von Bir­git Oswald

Viele Pati­en­ten, die an Krebs lei­den, möch­ten wegen Mali­gnom­spe­zi­fi­schen, aber auch wegen sons­ti­ger Beschwer­den, die nicht unmit­tel­bar damit in Zusam­men­hang ste­hen, auf Kur gehen. Ver­wun­der­lich erscheint des­halb, dass kei­ner­lei spe­zi­fi­sche Daten zur Kur­fä­hig­keit vor­lie­gen, wie Wolf­gang Fois­ner, Ärzt­li­cher Lei­ter des Kur- und Reha­bi­li­ta­ti­ons­zen­trums Bad Hof­gas­tein, erklärt: „Wir wis­sen nicht, ob wir durch eine Kur Krebs aus­lö­sen. Wir wis­sen aber auch nicht, ob eine Krebs­be­hand­lung durch eine Kur posi­tiv beein­flusst wird.“ Nach einer ers­ten Tagung 2007 orga­ni­sierte der Ver­band Öster­rei­chi­scher Kur­ärz­tin­nen und Kur­ärzte des­halb im Vor­jahr erneut ein Tref­fen, um offene Fra­gen bezüg­lich der Kur­fä­hig­keit von Pati­en­ten mit einem Mali­gnom zu klä­ren.

Gene­rell sollte bei einem Kur­vor­ha­ben zuerst geklärt wer­den, in wel­cher The­ra­pie- oder Beob­ach­tungs­phase sich der Pati­ent befin­det bezie­hungs­weise ob die Behand­lung des Mali­gnoms schon abge­schlos­sen ist. Befin­det sich der Pati­ent noch in Behand­lung, ist nach der­zei­ti­gem Wis­sens­stand von einer Kur drin­gend abzu­ra­ten.

Kei­nen Kon­sens gibt es dar­über, wie in der Beob­ach­tungs­phase damit umzu­ge­hen ist: Wäh­rend man­che Exper­ten eine früh­zei­tige Behand­lung mit phy­si­ka­li­schen Metho­den emp­feh­len, raten andere drin­gend davon ab. Aber auch bei bereits been­de­ter The­ra­pie ist der Zugang nur ein­ge­schränkt mög­lich. „Die frü­here Mei­nung, dass man nach einer Krebs­the­ra­pie fünf Jahre lang mit einer Kur war­ten muss, ist nicht mehr gül­tig und wurde wegen der gro­ßen Streu­breite auf ein Jahr redu­ziert“, so Fois­ner.

The­ra­pie­form wichtig

Neben den ver­schie­de­nen Behand­lungs­pha­sen spie­len auch die unter­schied­li­chen The­ra­pien bei Krebs und der sub­jek­tive Zustand des Pati­en­ten eine Rolle. „Bei Strah­len­schä­den ist es nicht mög­lich, Mas­sa­gen anzu­wen­den. Bei Herz­schä­den sind wie­derum Wär­me­the­ra­pien sub­op­ti­mal. Nach einer Lymph­kno­ten­ent­fer­nung mit gleich­zei­ti­ger Arm­schwel­lung kom­men Bäder und Packun­gen nicht in Frage, da diese die Schwel­lung noch ver­stär­ken wür­den“, erklärt Fois­ner. Zu beach­ten sei auch der Herz-Kreis­lauf­zu­stand und die damit ein­her­ge­hende Belast­bar­keit des Pati­en­ten. „Viele sind nach einer Che­mo­the­ra­pie oft müde oder lei­den an Herz­schwä­che. Es gibt aber auch Pati­en­ten, die total fit sind.“ Hier müsse man abklä­ren, ob es Begleit­fol­gen der Krebs­er­kran­kung oder Krebs­be­hand­lung gibt und den all­ge­mei­nen Gesund­heits­zu­stand bewer­ten. Dazu seien spe­zi­elle Check­lis­ten, die eine Ein­schät­zung der Kur­fä­hig­keit erleich­tern, emp­feh­lens­wert.

Wei­ters rät Fois­ner, sich mit dem zustän­di­gen Onko­lo­gen in punkto Kur­fä­hig­keit der ein­zel­nen Pati­en­ten abzu­stim­men. „Gemein­sam mit dem Onko­lo­gen kön­nen Mög­lich­kei­ten und Gren­zen der Kur­be­hand­lung fest­ge­legt wer­den. Es ist rat­sam, kon­krete Fra­gen zu stel­len, denn es gibt viele spe­zi­elle Ein­rich­tun­gen für indi­vi­du­elle Krebs­er­kran­kun­gen, die nicht für alle Pati­en­ten gleich gut geeig­net sind“, so Fois­ner. Für viele Pati­en­ten wäre folg­lich ein nor­ma­ler Kur­be­trieb nicht för­der­lich; sie benö­ti­gen eine indi­vi­du­elle Kur, die spe­zi­ell nach ihren Bedürf­nis­sen aus­ge­rich­tet ist. Bei­spiels­weise sind bei Kehl­kopf­krebs auf Grund eines mög­li­chen Tra­cheo­sto­mas die nor­ma­len Kur-Mög­lich­kei­ten sehr ein­ge­schränkt, Was­ser­the­ra­pien müs­sen etwa kom­plett ver­mie­den wer­den. Jedoch gibt es auch spe­zi­elle Ein­rich­tun­gen.

Eine strikte Unter­schei­dung zwi­schen Kur­ein­rich­tung und Reha­bi­li­ta­ti­ons­an­stalt, die sich vor allem durch das dif­fe­rente The­ra­pie­an­ge­bot unter­schei­den, ist hier­bei zu beden­ken. „Im Kur­be­reich hat zum Bei­spiel die Pen­si­ons­ver­si­che­rungs­an­stalt in Bad Schal­ler­bach eine Ein­rich­tung für Brust­krebs­pa­ti­en­tin­nen. Die BVA hat in Bad Tatz­manns­dorf eine Ein­rich­tung spe­zi­ell zur Kur von Krebs­kran­ken. Im Reha-Bereich gibt es die Tis­se­rand, eine Ein­rich­tung der ober­ös­ter­rei­chi­schen Gebiets­kran­ken­kasse in Bad Ischl, die eine phy­si­ka­li­sche The­ra­pie bei onko­lo­gi­schen Pati­en­ten bie­tet. Im AKH Wien gibt es eine ambu­lante onko­lo­gi­sche Reha, die sehr tolle Erfolge erzielt“, fasst Fois­ner zusam­men.

Übri­gens: Exper­ten einig­ten sich kürz­lich, dass Krebs­pa­ti­en­ten eine Kur aus unbe­grün­de­ter Vor­sicht nicht vor­zu­ent­hal­ten ist.

Wei­tere Infor­ma­tion: www.kuraerzteverband.at

Kur nach Krebs

  • Mali­gnom noch in Behand­lung: Am ehes­ten ist eine spe­zi­ell geeig­nete Reha-/Ein­rich­tung für das Absol­vie­ren der Kur/Reha-Anwen­dun­gen auf­zu­su­chen.
    Dif­fe­rente Mei­nun­gen: spe­zi­elle Onko­lo­gi­sche Reha-Ein­rich­tung, die vor­ran­gig das Mali­gnom behan­delt ver­sus Reha- Ein­rich­tung für spe­zi­elle nicht-onko­lo­gi­sche Indi­ka­tio­nen, die das Mali­gnom mit­be­han­delt.
    Eine Behand­lung im Rah­men eines Kur­auf­ent­hal­tes kommt nicht in Frage.
  • Mali­gnom noch in der Beob­ach­tungs­phase: Unter­schied­li­che Mei­nun­gen, die von einem libe­ra­len Vor­ge­hen bis zu restrik­ti­vem Vor­ge­hen reichen.
  • Behand­lung des Mali­gnoms abge­schlos­sen: Man­chen natür­li­chen Heil­mit­teln wird zuge­traut, das Mali­gnom wie­der zu akti­vie­ren. Es gibt keine Daten zu die­ser Aussage.
  • Fünf­jah­res-Über­le­bens­rate von Krebs­er­kran­kun­gen als rigi­der Para­me­ter für die Remis­sion nicht mehr gültig.
  • Bei Wär­me­an­wen­dun­gen und ande­ren Metho­den der phy­si­ka­li­schen Medi­zin müs­sen die indi­vi­du­elle Ver­träg­lich­keit und even­tu­elle Fol­gen der onko­lo­gi­schen Behand­lung unbe­dingt beach­tet werden.
  • Eine Abstim­mung mit der Onko­lo­gie ist empfehlenswert.
  • Hohe Tumor­mark­erwerte allein sind keine Kon­tra­in­di­ka­tion für eine Kur.
  • Ein­fluss einer Kur auf Ver­lauf der Krebs­er­kran­kung: nega­ti­ver Ein­fluss unwahr­schein­lich, posi­ti­ver Ein­fluss möglich. 

Ein­rich­tun­gen:

Pen­si­ons­ver­si­che­rungs­an­stalt: gewährt medi­zi­ni­sche Reha-Heil­ver­fah­ren bei Vor­lie­gen von bös­ar­ti­gen Tumor­er­kran­kun­gen grund­sätz­lich Organ-bezo­gen.
Sekun­dä­res Lymph­ödem bei Tumor­pa­ti­en­ten: Reha im Kran­ken­haus Wolfs­berg und Witt­lin­ger The­ra­pie­zen­trum Walch­see
Brust­krebs­pa­ti­en­tin­nen: The­ra­pie­an­ge­bot im Ambu­la­to­rium Kur­haus der PV Bad Schallerbach

BVA: In der Son­der­kran­ken­an­stalt für Tumor­re­ha­bi­li­ta­tion in Bad Tatz­manns­dorf wer­den Tumor­pa­ti­en­ten jeg­li­cher Organ­spe­zi­fi­tät betreut.

OÖ-GKK: Im Reha­med Tis­se­rand in Bad Ischl wer­den onko­lo­gi­sche Pati­en­ten als Nach­sorge in einer bestehen­den onko­lo­gi­schen Abtei­lung betreut.

AKH Wien: Pro Woche kön­nen vier Pati­en­ten in der ambu­lan­ten onko­lo­gi­schen Reha-Ein­rich­tung auf­ge­nom­men wer­den; trai­nings­the­ra­peu­ti­scher Hin­ter­grund und spor­tive Ausrichtung.

Quelle: Zusam­men­fas­sung der Fach­dis­kus­sion „Kur und Onko­lo­gie“ von Dr. Wolf­gang Fois­ner

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 3 /​10.02.2011