Entgegen der früheren Ansicht, dass man nach einer Krebserkrankung fünf Jahre warten sollte, bis man eine Kur antritt, wird heute ein Zeitraum von einem Jahr Wartefrist als ausreichend angesehen. Wie dabei allerdings die Details aussehen, darüber gehen die Meinungen auseinander.
Von Birgit Oswald
Viele Patienten, die an Krebs leiden, möchten wegen Malignomspezifischen, aber auch wegen sonstiger Beschwerden, die nicht unmittelbar damit in Zusammenhang stehen, auf Kur gehen. Verwunderlich erscheint deshalb, dass keinerlei spezifische Daten zur Kurfähigkeit vorliegen, wie Wolfgang Foisner, Ärztlicher Leiter des Kur- und Rehabilitationszentrums Bad Hofgastein, erklärt: „Wir wissen nicht, ob wir durch eine Kur Krebs auslösen. Wir wissen aber auch nicht, ob eine Krebsbehandlung durch eine Kur positiv beeinflusst wird.“ Nach einer ersten Tagung 2007 organisierte der Verband Österreichischer Kurärztinnen und Kurärzte deshalb im Vorjahr erneut ein Treffen, um offene Fragen bezüglich der Kurfähigkeit von Patienten mit einem Malignom zu klären.
Generell sollte bei einem Kurvorhaben zuerst geklärt werden, in welcher Therapie- oder Beobachtungsphase sich der Patient befindet beziehungsweise ob die Behandlung des Malignoms schon abgeschlossen ist. Befindet sich der Patient noch in Behandlung, ist nach derzeitigem Wissensstand von einer Kur dringend abzuraten.
Keinen Konsens gibt es darüber, wie in der Beobachtungsphase damit umzugehen ist: Während manche Experten eine frühzeitige Behandlung mit physikalischen Methoden empfehlen, raten andere dringend davon ab. Aber auch bei bereits beendeter Therapie ist der Zugang nur eingeschränkt möglich. „Die frühere Meinung, dass man nach einer Krebstherapie fünf Jahre lang mit einer Kur warten muss, ist nicht mehr gültig und wurde wegen der großen Streubreite auf ein Jahr reduziert“, so Foisner.
Therapieform wichtig
Neben den verschiedenen Behandlungsphasen spielen auch die unterschiedlichen Therapien bei Krebs und der subjektive Zustand des Patienten eine Rolle. „Bei Strahlenschäden ist es nicht möglich, Massagen anzuwenden. Bei Herzschäden sind wiederum Wärmetherapien suboptimal. Nach einer Lymphknotenentfernung mit gleichzeitiger Armschwellung kommen Bäder und Packungen nicht in Frage, da diese die Schwellung noch verstärken würden“, erklärt Foisner. Zu beachten sei auch der Herz-Kreislaufzustand und die damit einhergehende Belastbarkeit des Patienten. „Viele sind nach einer Chemotherapie oft müde oder leiden an Herzschwäche. Es gibt aber auch Patienten, die total fit sind.“ Hier müsse man abklären, ob es Begleitfolgen der Krebserkrankung oder Krebsbehandlung gibt und den allgemeinen Gesundheitszustand bewerten. Dazu seien spezielle Checklisten, die eine Einschätzung der Kurfähigkeit erleichtern, empfehlenswert.
Weiters rät Foisner, sich mit dem zuständigen Onkologen in punkto Kurfähigkeit der einzelnen Patienten abzustimmen. „Gemeinsam mit dem Onkologen können Möglichkeiten und Grenzen der Kurbehandlung festgelegt werden. Es ist ratsam, konkrete Fragen zu stellen, denn es gibt viele spezielle Einrichtungen für individuelle Krebserkrankungen, die nicht für alle Patienten gleich gut geeignet sind“, so Foisner. Für viele Patienten wäre folglich ein normaler Kurbetrieb nicht förderlich; sie benötigen eine individuelle Kur, die speziell nach ihren Bedürfnissen ausgerichtet ist. Beispielsweise sind bei Kehlkopfkrebs auf Grund eines möglichen Tracheostomas die normalen Kur-Möglichkeiten sehr eingeschränkt, Wassertherapien müssen etwa komplett vermieden werden. Jedoch gibt es auch spezielle Einrichtungen.
Eine strikte Unterscheidung zwischen Kureinrichtung und Rehabilitationsanstalt, die sich vor allem durch das differente Therapieangebot unterscheiden, ist hierbei zu bedenken. „Im Kurbereich hat zum Beispiel die Pensionsversicherungsanstalt in Bad Schallerbach eine Einrichtung für Brustkrebspatientinnen. Die BVA hat in Bad Tatzmannsdorf eine Einrichtung speziell zur Kur von Krebskranken. Im Reha-Bereich gibt es die Tisserand, eine Einrichtung der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse in Bad Ischl, die eine physikalische Therapie bei onkologischen Patienten bietet. Im AKH Wien gibt es eine ambulante onkologische Reha, die sehr tolle Erfolge erzielt“, fasst Foisner zusammen.
Übrigens: Experten einigten sich kürzlich, dass Krebspatienten eine Kur aus unbegründeter Vorsicht nicht vorzuenthalten ist.
Weitere Information: www.kuraerzteverband.at
Kur nach Krebs
Einrichtungen: Pensionsversicherungsanstalt: gewährt medizinische Reha-Heilverfahren bei Vorliegen von bösartigen Tumorerkrankungen grundsätzlich Organ-bezogen. BVA: In der Sonderkrankenanstalt für Tumorrehabilitation in Bad Tatzmannsdorf werden Tumorpatienten jeglicher Organspezifität betreut. OÖ-GKK: Im Rehamed Tisserand in Bad Ischl werden onkologische Patienten als Nachsorge in einer bestehenden onkologischen Abteilung betreut. AKH Wien: Pro Woche können vier Patienten in der ambulanten onkologischen Reha-Einrichtung aufgenommen werden; trainingstherapeutischer Hintergrund und sportive Ausrichtung. Quelle: Zusammenfassung der Fachdiskussion „Kur und Onkologie“ von Dr. Wolfgang Foisner |
© Österreichische Ärztezeitung Nr. 3 /10.02.2011