Jahrestagung Arbeitsmedizin: Gesund trotz Arbeitsbelastung

25.10.2011 | Arbeitsmedizin, Medizin

Jahrestagung Arbeitsmedizin

Die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitszeiten und die daraus resultierenden gesundheitlichen Folgen für Arbeitnehmer sowie die Rückkehr in den Beruf nach einer längeren psychischen Erkrankung sind nur einige der Themen der diesjährigen Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin Anfang November in Wien.
Von Birgit Oswald

Durch die steigende Lebenserwartung und die folglich längeren Lebensjahre, die am Arbeitsplatz verbracht werden, steigt auch die Bedeutung der Arbeitsmedizin, wie Christine Klien, Präsidentin der Österreichischen Arbeitsmedizinischen Gesellschaft, im Vorfeld der Tagung betont: „Die Arbeitsmedizin wird aus präventiven Gründen immer bedeutender. Es ist neben der Bewertung und Analyse des gesamten Arbeitsumfeldes Aufgabe des Arbeitsmediziners, Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu beraten, wie man trotz Arbeitsbelastung lange gesund bleiben kann, ohne eine Invaliditätspension in Anspruch nehmen zu müssen.“ Rund 200 Teilnehmer aus dem arbeitsmedizinischen Umfeld werden bei der Tagung erwartet.

Inhaltlich wird der Fokus der Tagung unter anderem auf dem Thema Arbeitsstoffmanagement liegen. Vor allem der Umgang mit kanzerogenen Stoffen kann in vielen Betrieben einen wichtigen Faktor bezüglich der Gesundheit der Arbeitnehmer darstellen. Hier kommt dem Arbeits- oder Betriebsmediziner eine tragende Aufgabe zu, wie Klien erklärt: „Arbeitsstoffe sind ein Thema, mit dem sich die Arbeitsmedizin permanent auseinandersetzen muss, da es immer wieder neue Arbeitsstoffe und Materialien gibt, die einen spezifischen Umgang erfordern. Gerade bei Materialien, die kanzerogen wirken können, ist es wichtig, diese genau zu evaluieren und den Arbeitnehmer über den korrekten Gebrauch aufzuklären, um Folgekrankheiten zu vermeiden“. Ein besonderes Augenmerk wird hier auf Beispiele aus der Praxis gelegt, damit die neuesten Erkenntnisse aus der Wissenschaft für die meist praktisch tätigen Betriebsmediziner im arbeitsmedizinischen Alltag umgesetzt werden können.

Steigende Flexibilisierung

Ein weiterer Schwerpunkt werden Arbeitszeiten an sich sein. Hier werden die Dauer und die Flexibilisierung im Vordergrund stehen. Grundsätzlich sind Arbeitszeiten zwar gesetzlich genau geregelt; es kommt aber immer wieder zu Situationen, wo Arbeitszeiten verlängert werden müssen. Klien zufolge werden diese Überstunden nicht immer freiwillig oder regulär abgeleistet. „Wir werden uns auf der Tagung mit der zunehmenden Flexibilisierung, die immer mehr gewünscht ist, beschäftigen. Es wird um die gesundheitlichen Effekte langer und flexibler Arbeitszeiten gehen. Mit der steigenden Flexibilität und Produktivität steigen auch die Anforderungen an die Mitarbeiter. Ein Beispiel ist die Einteilung von Schichtarbeit, die sich durch eine plötzlich veränderte Auftragslage kurzfristig ändern kann.“ Diese gesteigerten Anforderungen können sich der Expertin zufolge sehr ungünstig auf die physische und psychische Gesundheit der Arbeitnehmer auswirken. Von dieser Thematik sind auch Ärzte betroffen; besonders im Spital können zusätzliche Nachtdienste und überlange Arbeitszeiten eine enorme Belastung darstellen. „Von Ärzten wird aus Tradition verlangt, lange und überlang zu arbeiten. Man geht noch immer davon aus, dass langes Arbeiten gutes Arbeiten ist, aber das stimmt so nicht. Müdigkeit und Leistungsfähigkeit stehen konträr zueinander“, betont Klien. In diesem Zusammenhang werden auch Erholung während und nach der Arbeit sowie Erholungsförderung Themen sein, die anhand von praktischen Beispielen veranschaulicht werden.

Hohe Belastung durch Passivrauch

Flexible und unregelmäßige Arbeitszeiten spielen auch im Hotel- und Gastgewerbe eine maßgebliche Rolle und bilden damit den dritten Schwerpunkt der Tagung. Hohe und häufige Krankenstände sind etwa die Folge von zu hoher Belastung, wie Klien weiß. Dieser Umstand beruht auf mehreren Komponenten, die arbeitsmedizinisch bedacht werden müssen. In der Gastronomie tätige Arbeitnehmer sind neben den unregelmäßigen Arbeitszeiten sowohl körperlichen als auch psychischen Belastungen wie chronischem Stress ausgesetzt. Darüber hinaus stellt Passivrauch eine gesundheitliche Belastung dar. „Arbeitnehmer in der Gastronomie sind einer starken Lungen- und Herz-/Kreislaufbelastung ausgesetzt. Sie werden gezwungen, in Raucherbereichen zu arbeiten und können sich nicht schützen. Der Nichtraucherschutz ist für die Arbeitnehmer wirkungslos. Das betrifft sogar schon Lehrlinge, die ebenfalls Belastungen durch Passivrauch ausgesetzt sind“, erklärt Klien.

Neben diesen Hauptthemen wird es jedoch auch eine Reihe an freien Vorträgen im Rahmen der Tagung geben. Einer davon widmet sich etwa der Integration von psychisch erkrankten Mitarbeitern. „Psychische Erkrankungen und dadurch bedingte Krankenstände nehmen stark zu. Viele Betroffene, aber auch Kollegen, sind unsicher im Umgang mit psychischen Erkrankungen. Arbeitsmediziner stehen hier als Vermittler und Helfer zur Verfügung, um klare Verhältnisse zu schaffen. Wir stellen fest, welche Bedürfnisse der Betroffene hat, was an der Arbeitssituation geändert werden muss und wie die Reaktionen des Umfelds ausfallen“, erläutert Klien. Ein zentraler Punkt dabei wird auch die Rückkehr in den Beruf nach einem längeren Krankenstand aufgrund einer psychischen Erkrankung sein.

Details zur Tagung

3. bis 5. November 2011
Museumsquartier Halle E
Museumsplatz 1, 1070 Wien

Tagungsleitung: Dr. Christine Klien

Tagungsbüro: Sekretariat der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin
Tel.: 0732/78 15 60 89
E-Mail: moser@amd.at

Weitere Informationen: www.gamed.at

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 20 / 25.10.2011