Standpunkt – Präs. Walter Dorner: Der (goldene?) Käfig

10.03.2010 | Standpunkt

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Wenn ein besonderer Schutz erforderlich ist, kommen üblicherweise Käfige zum Einsatz. Jedenfalls ist dies die praktizierte Vorgangsweise im Umgang mit Tieren, die den Menschen Schaden zufügen könnten.

Hier drängen sich – ob vermeintliche oder tatsächliche sei dahingestellt – Parallelen im Zusammenhang mit den geplanten Ärzte- GmbHs auf. Die vom zuständigen Ministerium vorgelegten Bedingungen – Gitterstäben gleich – mögen zwar dem einen oder anderen, der sich mit dem Sinn und Zweck dieser neuartigen Möglichkeit der Zusammenarbeit von Ärzten noch nicht intensiver befasst hat, zweckmäßig erscheinen – für uns Ärzte sind sie jedoch nur die Begrenzungen eines Käfigs.

So wurde etwa im Entwurf des Ministeriums festgelegt, dass die Zahl der Angestellten auf fünf begrenzt sein soll, die Vertretung verboten ist, die Honorierung nach Pauschalmodellen, ja sogar nach Fallpauschalen erfolgen soll. All das ist für uns Ärzte nicht akzeptabel. Unzumutbar ist des Weiteren die Tatsache, dass – sollte es so kommen, wie sich das Schreibtischtäter, die nie in einer Ordination tätig waren und daher die tatsächlichen Erfordernisse von Ärzten nicht kennen – der Landeshauptmann künftig darüber entscheidet, ob eine Gruppenpraxis überhaupt benötigt wird.

Das heißt: Das Gesundheitsministerium will verhindern, dass der Arzt als Angehöriger eines freien Berufs sich in Zukunft frei entscheiden kann, welche Betriebsform er wählt. Der nächste Schritt – wenn man einen freiberuflich Tätigen einschränkt – ist die Verstaatlichung. Wo aber die Staatsmedizin hingeführt hat, sehen wir in allen Staaten rund um Österreich, und auch in den nordischen Staaten.

Alles, was recht ist: Es würde sich nie jemand anmaßen, beispielsweise einem Rechtsanwalt zu verbieten, sich in der von ihm gewünschten Betriebsform niederzulassen. Diese Ungerechtigkeit und Ungleichbehandlung von zwei Angehörigen eines freien Berufes ist für mich nicht nachvollziehbar. In Ambulatorien oder Krankenanstalten können fünf, zehn oder 100 Ärzte angestellt werden. Aber in den geplanten Ärzte-GmbHs will man uns in diesem Punkt maßregeln: Die Zahl der Angestellten – maximal fünf bei einem Arzt – soll hier per Gesetz festgeschrieben sein. Willkommen in der Zwangswirtschaft!

Überdies will man dem Landeshauptmann noch weitergehende Befugnisse einräumen: Er soll nicht nur die Bedarfsprüfung durchführen, sondern künftig auch Auflagen für die Ärzte-GmbHs erteilen können wie zum Beispiel die Öffnungszeiten: tagsüber und nachts sowie sonn- und feiertags, ebenso auch das Leistungsangebot und die Verpflichtung zu Hausbesuchen. Ich frage mich: Wer braucht solche Ärzte-GmbHs?

Dabei muss man aber klar unterscheiden: Soweit es sich um Vertrags-GmbHs handelt, ist es Vertragspartnerrecht. Sobald es sich aber um Ärzte-GmbHs handelt, die ja außerhalb der Krankenversicherung sind, ist es freies Recht der Berufsausübung. In beiden Fällen braucht man den Landeshauptmann nicht.

Eines sollte allen Beteiligten aber schon klar sein: Jeder vernünftige Arzt wird sich hüten, sich eine solche Gängelung gefallen zu lassen und den goldenen Käfig Ärzte-GmbH – so wie er jetzt geplant ist – dankend ablehnen.

Walter Dorner
Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 5 / 10.03.2010