Steiermark Projekt Gesundheitszentren: Ein Schritt zurück

10.03.2010 | Politik

In der Steiermark droht bei der Versorgung von Patienten der Rückfall in die planwirtschaftliche Steinzeit.
Von Kurt Markaritzer

Das Projekt „Gesundheitszentren“, das von der Gesundheitsplattform Steiermark umgesetzt wird, sieht auf den ersten Blick nicht übel aus. „Diese Zentren schaffen als eine Art ‚Navigationssystem‘ mehr Orientierung für die Patienten zu den Angeboten des steirischen Gesundheitssystems“, verkündete die steirische Gesundheitslandesrätin Bettina Vollath kürzlich bei der Präsentation des Projekts, das vorerst an den Krankenhäusern Bad Aussee und Mürzzuschlag umgesetzt wird. Die Zentren sollen jetzt einfache Koordinationsfunktionen übernehmen. In welche Richtung die Entwicklung geht, zeigen allerdings die weiteren geplanten Schritte. In Stufe drei soll eine gemeinsame Nutzung der vorhandenen Infrastruktur des niedergelassenen Bereichs und der Krankenhäuser von oben verordnet werden. Am Ende der Entwicklung stehen schließlich neue, zentral gesteuerte Organisationsformen der Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Ärzten und Spitälern.

Der steirische Ärztekammer-Präsident Wolfgang Routil kritisiert die Pläne: „Offensichtlich wird aus ideologischen Gründen eine planwirtschaftliche Versorgung angestrebt, die an den Bedürfnissen der Patienten vorbei geht. Sie würde die akuten Fehlentwicklungen des derzeitigen Gesundheitssystems prolongieren, die zu Doppelgleisigkeiten und hohen Kosten führen.“ Einen den Bedürfnissen der Patienten entsprechenden Weg geht dagegen die Ärztekammer mit dem Modell Styriamed.net, das im Jänner 2009 mit Pilotprojekten in den Bezirken Hartberg und Leibnitz gestartet wurde. Dabei handelt es sich um einen regionalen Ärzteverbund aus Allgemeinmedizinern und Fachärzten. Das Ziel ist die Verbesserung der Versorgungsqualität außerhalb der Spitäler, in abgestimmter Kooperation mit den Krankenhäusern.

Dieses Modell stößt bei der Bevölkerung der beiden „Testbezirke“ auf große Zustimmung, schließlich bringt es spürbare Verbesserungen: eine erleichterte Terminvereinbarung im Netzwerk, abgestimmte Öffnungszeiten der Ordinationen und die kontinuierliche Verbesserung der Abläufe und Strukturen. Außerordentlich geschätzt wird von den Patienten, dass damit eine wohnortnahe Versorgung sichergestellt ist. „Diese Art der Versorgung entspricht offensichtlich nicht den ideologischen Vorstellungen des Geschäftsführers der Gesundheitsplattform“, kritisiert Routil. „Von dieser Seite wird vielmehr eine normierte, zentralistische Steuerung der Gesundheitsversorgung für das gesamte Bundesland angestrebt, eine Art der Planwirtschaft, wie sie seinerzeit in den östlichen Nachbarländern Österreichs kläglich gescheitert ist.“

Ein entscheidender Schwachpunkt für die Patienten ist, dass die so wichtige persönliche Beziehung zwischen Arzt und Patient stark reduziert wird. Routil: „Ich formuliere es überspitzt: In diesen Gesundheitszentren wäre der Patient in der letzten Phase nur eine Nummer, die nicht nach den persönlichen Bedürfnissen betreut wird, sondern der zentral das zur Verfügung gestellt wird, was für notwendig erachtet wird – und was die Krankenkasse bezahlt.“ So könnte letzten Endes theoretisch irgendeine Verwaltungsstelle nach rein ökonomischen Kriterien entscheiden, ob und wann ein Patient operiert wird oder eine spezielle, teure Therapie erhält.

Statt derartiger Rückfälle in eine planwirtschaftliche Vergangenheit forciert der Ärztekammer-Präsident den Ausbau des kollegialen Netzwerks Styriamed.net. Der nächste Schritt wäre auch die Gründung von überschaubaren Ärztegesellschaften, wo die persönliche Betreuung der Patienten möglich ist und Synergieeffekte helfen, Kosten zu sparen. In das Konzept sollen Wahlärzte ebenso einbezogen werden wie Spezialisten aus den Spitälern, die kleine Anteile an den Gesellschaften halten können und bei Bedarf aktiv werden. Diese Ärzte GmbHs sollen als „mittlere Ebene“ zwischen der Einzelpraxis und einem Spitals- Ambulatorium fungieren, was Kosten dämpfend wäre und den Bedürfnissen der Patienten nach wohnortnaher persönlicher Versorgung entgegenkommt.

„Dazu ist als erster Schritt einmal die Ermöglichung einer GmbH-Gründung auch für Ärzte im Berufsrecht, also im Ärztegesetz, umzusetzen. Erst im zweiten Schritt sollen dann die Vertragsrechte mit den Krankenversicherern über das Sozialrecht geregelt werden“, fordert Routil. „Bleibt es aber bei den jetzigen Plänen der Politik, wären solche Gesellschaften faktisch ausgeschlossen, weil ihre Gründung aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr möglich und daher sinnlos wäre.“

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 5 / 10.03.2010