Spitalsärzte in Tirol: Licht und Schatten durch die Uni

10.02.2010 | Politik

Das neue Universitäts-Organisations-Gesetz existiert zwar seit 2002, aber bis heute gibt es zwischen der Universität und der TILAK keinen Vertrag über den klinischen Mehraufwand. Der Streit darüber wird allerdings auf dem Rücken der Mitarbeiter ausgetragen. Von Kurt Markaritzer  

Natürlich ist es gut, dass es die Medizinische Universität Innsbruck gibt“, sagt Ludwig Gruber, Kurienobmann der angestellten Ärzte in Tirol. „Aber die Begleiterscheinungen sind für uns Ärzte nicht erfreulich. Seit 2002 gilt das neue UOG, aus dem die Medizinischen Universitäten hervorgegangen sind. Aber bis heute gibt es zwischen der Universität und der Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH TILAK, der Trägergesellschaft der Kliniken, keinen Vertrag über den so genannten klinischen Mehraufwand.“ Was Gruber empört: Der Streit um den Vertrag wird auf dem Rücken der ärztlichen Mitarbeiter ausgetragen, weil mittlerweile zahlreiche Planstellen der Med-Uni nicht mehr nachbesetzt wurden und die TILAK nicht bereit ist, diese Planstellen im vollen Umfang zu besetzen. Gruber: „Das Land Tirol hat jetzt den Bund auf Kostenersatz wegen des klinischen Mehraufwandes geklagt. Jetzt müssen wir abwarten, ob sich daraus eine Veränderung zum Besseren ergibt.“

Ein für Innsbruck spezifisches Problem ist die Mehrfachfunktion der Uni-Kliniken, die auch als Landeskrankenhaus für Tirol und als Stadtspital für Innsbruck fungieren. Das hat ein dienstrechtliches Wirrwarr zur Folge, das Gruber anschaulich darlegt: „Es gibt mittlerweile neben den Bundesbeamten und den der TILAK zugeteilten Landesbediensteten auch noch Angestellte nach dem neuen Kollektivvertrag der Universität sowie immer noch so genannte freie wissenschaftliche Mitarbeiter. Das bedeutet, dass oft für die gleiche Arbeitsleistung sehr unterschiedliche Gehälter bezahlt werden. Das ist logischerweise nicht gut für das Klima.“ Für den Kurienobmann ist der Ausweg aus dem Dilemma klar: „Langfristig wünschenswert wäre ein einheitliches Dienstrecht für alle ärztlichen Mitarbeiter an der Klinik Innsbruck.“

Weit über dienstrechtliche Fragen hinaus macht sich Gruber Gedanken über die Zukunft des Ärzteberufes und nimmt dabei die Änderung des Medizinstudiums unter die Lupe: „Ich sehe da Licht und Schatten. Einerseits ist das neue Studium straffer organisiert und somit die Studiendauer deutlich kürzer als früher. Andererseits gibt es keinen freien Studienzugang mehr. Jetzt muss man sich durch Eignungstests für das Medizinstudium qualifizieren, die doch nur gewisse Fähigkeiten und Fertigkeiten für einen Beruf herausfiltern, bei weitem nicht alle. Sie haben den gravierenden Nachteil, dass die Auswahl zulasten von Menschen geht, die bereit sind, unkonventionell an Aufgaben heranzugehen.“

Defizite drohen auch jenen, die das Studium absolviert haben, denn für die Turnusausbildung an den Krankenanstalten und vor allem an der Klinik Innsbruck hat Gruber nur einen Satz übrig: „Sie ist schlicht und einfach unzulänglich!“ Turnusärzte werden häufig zu Tätigkeiten herangezogen, die mit ihrer Ausbildung so gut wie nichts zu tun haben, und im praktischen Einsatz stehen sie im Schatten der Assistenzärzte. Gruber: „Diese unzulänglich ausgebildeten Ärzte scheuen sich, Stellen an der Peripherie anzunehmen, wo keine Krankenanstalt im Hintergrund Sicherheit bietet. Unter diesen Umständen ist es kein Wunder, dass auf Kassenstellen in Innsbruck nach wie vor gut zehn bis 20 Bewerber kommen, während durchaus lukrative Stellen auf dem Lande mangels Bewerbern schon jetzt nicht mehr nachbesetzt werden können.“ Weil in den kommenden 15 Jahren drei Viertel aller niedergelassenen Ärzte in Tirol das 65. Lebensjahr erreichen, wird sich die medizinische Versorgungssituation in absehbarer Zeit dramatisch verschärfen.

Nicht nur im niedergelassenen Bereich, sondern auch in den Krankenanstalten, wo immer häufiger Ärzte fehlen. Früher einmal hat das nur die bekannten Orchideenfächer betroffen. Aber inzwischen kann auch der Fachärzte-Bedarf in Kernbereichen wie der Chirurgie und der Unfallchirurgie nicht mehr so einfach wie früher gedeckt werden. Gruber: „Einerseits wandern Fachärzte in die Niederlassung ab, weil sie der enorm zunehmenden Belastung in den Spitälern ausweichen wollen. Und andererseits ist Österreich vor allem für die deutschen Kollegen nicht mehr so attraktiv wie früher. Die Arbeitssituation an den deutschen Kliniken hat sich mittlerweile deutlich gebessert, während sie in Österreich stagniert oder sich weiter zuspitzt.“ 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 3 / 10.02.2010