Pilotprojekt zur E-Medikation: Wiener zögern

25.11.2010 | Politik

Mit Anfang Dezember 2010 starten die ersten drei Pilotprojekte der E-Medikation in ausgewählten Teilen Österreichs. Besonders die Ärzte der betroffenen Wiener Bezirke halten sich punkto Teilnahme bisland zurück.
Von Birgit Oswald

Unter reger Teilnahme der Bezirksärzte versuchten E-Medikations-Experten bei der Bezirksärztesitzung für den 21. und 22. Bezirk in Wien der herrschenden Skepsis punkto Umsetzung des Pilotprojektes entgegenzuwirken. Während sich in den beiden anderen Regionen Wels-Grieskirchen und Tirol-West 34 beziehungsweise 47 Ärzte zur Teilnahme am Pilot bereit erklärt haben, halten sich die Wiener Ärzte der betroffenen Bezirke noch zurück. Laut INNOMED-Umfrage wollen 22 Prozent der Ärzte in den ausgewählten Bezirken teilnehmen, 33 sind dagegen und 45 Prozent haben sich noch nicht entschieden.

Mit 1. Dezember 2010 sollen in den drei genannten Bundesländern die Pilotversuche zur geplanten E-Medikation als erstes Teilprojekt von ELGA an den Start gehen: drei Monate sind als „Anlaufzeit“ vorgesehen; der Pilotbetrieb selbst soll sechs Monate dauern, die dann auch evaluiert werden und Aufschluss über das weitere Vorgehen und das österreichweite Rollout geben. Christian Husek, Organisator der Veranstaltung, sieht im Pilotprojekt die Gelegenheit, die Praxisrelevanz der E-Medikation zu testen. Auch ELGA-Geschäftsführerin Susanne Herbeck sieht Vorteile: „Durch das Projekt ist es Ärzten möglich, mehr über die Vormedikation ihrer Patienten zu wissen, dadurch werden sie in der Medikationsanamnese unterstützt“. Rudolf Hainz, Kurienobmann-Stellvertreter der Kurie niedergelassene Ärzte in der Ärztekammer Wien, hob hervor, dass die ÖÄK hinter dem Projekt stehe, es dürfe aber „zu keiner finanziellen Belastung oder zeitlichen Verzögerung im Ordinationsbereich kommen“.

Konkret wird der Standard-Medikationsprozess im Pilotprojekt beim niedergelassenen Arzt wie folgt aussehen: Für Patienten wird ein Informationsfolder mit allen wichtigen Informationen erstellt. Nach einer einmaligen schriftlichen Einwilligung des Patienten (wie lange diese gilt, ist noch unklar) werden die Medikationsdaten über das E-Card System geladen; gespeichert werden sie aber separat auf einem Arzneimittelkonto. Kommt es zu einer neuen Medikamentenverordnung, muss die neue Medikation mit der gespeicherten Medikamentenliste abgeglichen werden; danach wird das Ergebnis der Wechselwirkungsprüfung angezeigt. Wird dieses vom Arzt akzeptiert, gilt die Medikation als geprüft; ansonsten wird die Warnung des Systems automatisch dokumentiert. Die neue Verordnung wird in der Datenbank gespeichert und das Rezept ausgedruckt. Auch der Patient erhält einen Ausdruck über seine aktuelle Medikation. Falls beim Hausarzt keine Prüfung der Medikamente stattgefunden hat – etwa wegen einem Hausbesuch – obliegt es dem Apotheker, die Prüfung vorzunehmen. Das gilt auch, wenn OTC-Präparate abgegeben werden.

Zahlreiche Zweifel

Hinsichtlich der Wechselwirkungsprüfung wurden Befürchtungen aus dem Publikum bezüglich eines gesteigerten Zeitaufwands beim Rezeptieren laut. Wie viel Zeit und Aufwand durch die Prüfung und durch zusätzliche Fragen der Patienten dazu tatsächlich aufgewendet werden muss, muss im Pilotprojekt evaluiert werden. Kritische Stimmen der anwesenden Ärzte betrafen auch die technische Umsetzung des Pilotprojekts: So war etwa vielen Anwesenden unklar, wie die E-Medikationsdatenbank einwandfrei genutzt werden könnte – bei so vielen Zugriffen auf das System gäbe es schon bei der alleinigen Nutzung der E-Card häufige Systemabstürze.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 22 / 25.11.2010