Patientenschiedsstellen: Einblick in den Alltag

10.05.2010 | Politik

Mit welchen konkreten Anliegen sich Patientenschiedsstellen in den Bundesländern befassen, darüber möchten wir in den nächsten Ausgaben der ÖÄZ informieren. Nachfolgend zwei Berichte aus der Patienten-Schiedsstelle der Ärztekammer für Wien.


Fall 1

Bei einem Arbeitsunfall war der Antragsteller am 17. August 2005 von einem Gerüst gestürzt und erlitt dabei einen Bruch des elften und zwölften Brustwirbelkörpers sowie des ersten Lendenwirbelkörpers. Nach dem Unfall wurde der Betreffende in einem Krankenhaus mittels transpedikulären Schrauben und Stäben operativ versorgt und anschließend stationär behandelt.

Bis zum Unfallzeitpunkt hatte der Antragsteller keinerlei Schmerzen oder Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule oder des gesamten Rückens gehabt. Zum Zeitpunkt der Antragstellung (2009) bestünden mehr oder weniger ständige Schmerzen in der Höhe des operierten Gebietes an der Wirbelsäule bis zur unteren Lendenwirbelsäule inklusive Schmerzausstrahlungen ins linke Bein.

Im Zuge eines nachfolgenden Gerichtsverfahrens wegen Versehrtenrente stellten die beigezogenen medizinischen Sachverständigen eine Bandscheibenvorwölbung im Bereich L4/5, einen subligamentären Bandscheibenvorfall im Bereich L5/S1 mit Tangierung der Wurzel S1 rechts sowie knöcherne Aufbruchserscheinungen an der unteren Wirbelsäule (betont Bereich L4-S1) fest. Diese Veränderungen wurden laut dem Gutachten der Sachverständigen nicht durch den Arbeitsunfall verursacht.

Aufgrund der Tatsache, dass der Antragsteller vor dem Arbeitsunfall keinerlei Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule gehabt hatte und die medizinischen Sachverständigen im genannten Verfahren zum Schluss gekommen waren, dass die Veränderungen an der Wirbelsäule nicht die Folge des Arbeitsunfalles waren, lag für den Antragsteller die Annahme nahe, es würde sich um einen Behandlungsfehler der ihn am Krankenhaus behandelnden Ärzte handeln.

Im Zuge der Schiedsstellensitzung und unter Erörterung der MRT-CT-Bilder wurde festgestellt, dass die räumliche Entfernung zwischen den reklamierten Bandscheibenschäden und der Unfallverletzung zu groß sei, um einen Zusammenhang herstellen zu können. Ein ärztliches Fehlverhalten konnte somit nicht nachgewiesen werden. Die Beschwerde wurde daher abgewiesen.

Fall 2

Der Antragsteller wurde am 6. März 2008 an der urologischen Abteilung eines Krankenhauses stationär aufgenommen, um einen Kelchstein zu zertrümmern. Nachdem der diensthabenden Turnusärztin die Lokalisierung des Nierensteines nicht gelungen war, wurde der zuständige Oberarzt zur Hilfestellung hinzugezogen. Die Zertrümmerung des Nierensteines mittels Stoßwellenmethode wurde anschließend von der Turnusärztin ohne Beisein des Oberarztes vorgenommen.

Infolge dieser Therapie erlitt der Antragsteller eine Verletzung an der rechten Niere in Form eines ausgedehnten subcapsulären Nierenhämatoms. Dies habe zu Schmerzen und zu einem verlängerten Spitalsaufenthalt sowie einem mehrwöchigen Krankenstand geführt. Der Antragsteller machte daher einen Behandlungsfehler der ihn im Spital behandelnden Ärzte geltend und monierte zudem die mangelnde Aufklärung darüber, dass – im Falle von Komplikationen – die Stoßwellenmethode auch zu einem Nierenverlust führen könnte.

In Zuge der Schiedsstellensitzung schlug der Vorsitzende der Schiedskommission vor, die Angelegenheit unter Ausklammerung der Verschuldensfrage durch Zahlung von 2.500,- Euro zu finalisieren. Diesem Vergleichsvorschlag wurde allseits zugestimmt.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 9 / 10.05.2010