ÖQMed befragt Schul­ärzte: Mehr Ein­bin­dung gewünscht

25.03.2010 | Politik

Erst­mals wurde im Rah­men einer von der ÖQMed durch­ge­führ­ten Fra­ge­bo­gen­ak­tion ermit­telt, wie die Schul­ärzte selbst ihre Posi­tion inner­halb des Schul­ver­ban­des sehen – und wo Ver­bes­se­rungs­be­darf besteht. Sie plä­die­ren jeden­falls für eine stär­kere Inte­gra­tion in den schu­li­schen All­tag.

Bei der im Jahr 2009 durch­ge­führ­ten Fra­ge­bo­gen­ak­tion mach­ten ins­ge­samt 245 öster­rei­chi­sche Schul­ärzte Anga­ben dar­über, wel­chen Stel­len­wert sie inner­halb der Schule ein­neh­men – und auch, wie sie ihre Auf­gabe idea­ler­weise noch bes­ser wahr­neh­men könn­ten. Auf­trag­ge­ber für die Aktion war die Öster­rei­chi­sche Ärz­te­kam­mer; mit der Aus­füh­rung selbst war die ÖQMed, die Öster­rei­chi­sche Gesell­schaft für Qua­li­täts­si­che­rung und Qua­li­täts­ma­nage­ment in der Medi­zin, betraut. 

Zwar geben 84,1 Pro­zent der Befrag­ten an, bei gesund­heits­be­zo­ge­nen The­men wie Ver­hü­tung, Ernäh­rung oder Sucht­prä­ven­tion ein­be­zo­gen zu sein, den­noch wünscht sich mehr als die Hälfte eine stär­kere Ein­bin­dung wie etwa durch Vor­träge oder Dis­kus­si­ons­run­den. 41,2 Pro­zent der Schul­ärzte, die momen­tan nicht am Unter­richt betei­ligt sind, nen­nen dies als einen Haupt­wunsch: mehr in den Unter­richt inte­griert zu wer­den. So könn­ten Ärzte even­tu­ell am Bio­lo­gie- oder Sport­un­ter­richt teil­neh­men, um gesund­heit­li­che The­men zu ver­tie­fen bezie­hungs­weise über Ris­ken auf­zu­klä­ren. Aber auch bei Fra­gen zu The­men wie Auf­klä­rung, sexu­ell über­trag­ba­ren Krank­hei­ten, Ernäh­rung und Sucht wür­den sich Öster­reichs Schul­ärz­tin­nen und Schul­ärzte gerne noch mehr ein­brin­gen, wie die Umfrage zeigt. Den Vor­stel­lun­gen der Befrag­ten zufolge kön­nen sie sich jedoch eine Mit­wir­kung auch in ande­ren Fächern, etwa im Reli­gi­ons­un­ter­richt vor­stel­len; etwa wenn es um Ver­hü­tung oder Abtrei­bung geht, könnte der Schul­arzt zusätz­lich über gesund­heit­li­che Aspekte infor­mie­ren und neben ethi­schen Über­le­gun­gen die Sicht­weise des Arz­tes ver­mit­teln. Sogar ein eige­nes Unter­richts­fach, wel­ches als „Gesund­heits­lehre“ bezeich­net wird, wird gefordert. 

Unab­hän­gig von the­ma­ti­schen Schwer­punk­ten spre­chen sich die befrag­ten Schul­ärzte auch dafür aus, den Schü­lern Metho­den für Kurz­ent­span­nun­gen zu ver­mit­teln, was zu einer höhe­ren Kon­zen­tra­tion der Schü­ler bei­tra­gen könnte. Immer­hin orga­ni­sie­ren bereits 65,7 Pro­zent der Schul­ärzte Gesund­heits­för­de­rungs­pro­jekte an ihren Schu­len. Vor­ran­gig betref­fen diese Ernäh­rung, Sucht­prä­ven­tion und Emp­fäng­nis­ver­hü­tung; beson­de­res Anlie­gen dabei ist die Mit­wir­kung am Schul­buf­fet sowie bei sport­li­chen Akti­vi­tä­ten wie Rücken-Fit Wochen. 90 Pro­zent der Befrag­ten geben an, in die Aus­wahl des Nah­rungs- und Geträn­ke­an­ge­bots für Schü­ler ein­ge­bun­den wer­den zu wol­len. Auch die Aus­wahl der Betrei­ber von Schul­buf­fets sollte durch die Schul­ärzte, nicht durch die jewei­lige Direk­tion erfol­gen. Sinn­voll erscheint den für die ärzt­li­che Betreu­ung der Schü­ler Ver­ant­wort­li­chen auch die Wie­der­be­le­bung der Schul­milch­ak­tion, da auf die­sem Weg eine Qua­li­täts­si­che­rung im Bereich der Ernäh­rung erzielt wer­den könnte. Eine Koope­ra­tion von Direk­tion, Eltern­ver­tre­tern und Buf­fet­be­trei­bern sollte auch Aktio­nen wie „Gesunde Jause“ mög­lich machen, die an die kuli­na­ri­schen Vor­lie­ben der Schü­ler ange­passt wer­den müsste, um dem Kli­schee, dass Gesun­des nicht gut schmeckt, ent­ge­gen­zu­wir­ken. Die Schul­ärzte for­dern auch einen prak­ti­schen Zugang zu gesun­der Ernäh­rung: etwa Kochkurse. 

Für über­ge­wich­tige Schü­ler for­dern Ärzte ein Zen­trum, in dem Kin­der und Jugend­li­che kos­ten­frei ver­sorgt wer­den könn­ten. Auf die tra­di­tio­nelle Schü­ler­un­ter­su­chung bezo­gen, haben die Befrag­ten zahl­rei­che For­de­run­gen: An den Schu­len fehlt es immer noch an grund­le­gen­der Aus­stat­tung wie Seh- und Hör­test­ge­rä­ten, Kör­per­fett­waa­gen, Gerä­ten für Mus­kel­tests sowie Risi­ko­pro­fi­ler­stel­lung oder PCs. Manch­mal sind es so ein­fa­che Dinge wie Unter­su­chungs­lie­gen, die feh­len, um die Schü­ler ent­spre­chend unter­su­chen zu kön­nen. Was den Ärz­ten aber min­des­tens genauso wich­tig ist: mehr Zeit für Gesprä­che und Bera­tung, wodurch eine psy­cho­so­ziale Ana­mnese mög­lich wäre. Bei aus­rei­chen­den Zeit­res­sour­cen könn­ten Mob­bing und Gewalt­dy­na­mik in Klas­sen frü­her erkannt und deren Aus­brei­tung ver­hin­dert wer­den.
BO 

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 6 /​25.03.2010