Leserbriefe

10.11.2010 | Politik


Zur ÖÄZ Nr. 18 vom 25. September 2010 sind einige Leserbriefe in der Redaktion eingelangt.

State of the Art-Beitrag „Tennisellbogen“

Im sehr fundierten State-of-the-art-Artikel über Tennisellbogen geht der Autor, Prof. Schabus, in den Schilderungen konservativer Therapiemöglichkeiten bei manifestem Schmerzsyndrom eingehend auf die neuesten Therapiemöglichkeiten für Tennis-Spitzensportler ein. Es steht jedoch eine weitere wirkungsvolle, aber leider nicht erwähnte Therapiemöglichkeit im Sinne einer niedrig dosierten entzündungs- und schmerzhemmenden Strahlentherapie zur Verfügung. Die Strahlentherapie zur Behandlung des Tennisellbogens oder „Epikondylopathia humeri lateralis“ (EPH) wurde bereits 1922 vom Bonner Orthopäden A. Richarz angewandt. Die Ergebnisse der Strahlentherapie bei EPH wurden zusammengefasst bei 1.910 Patienten aus 18 retrospektiven und einer prospektiven Studie (Evidenz-Level IIa). So geben 53 Prozent eine komplette, 31 Prozent eine partielle Schmerzremission an. Ein Nicht-Ansprechen wurde lediglich von neun Prozent der Patienten angegeben. Über Jahre anhaltende Schmerzremissionen werden im Gegensatz zu vielen anderen konservativen Therapiemaßnahmen in 50 Prozent der Fälle erzielt.

An unserem Strahlentherapie-Institut verwenden wir meist oberflächlich wirkende Röntgenstrahlen (KV-Bestrahlungen) mittels moderner Orthovolt-Geräte oder (seltener) Elektronen und Photonen mittels Linearbeschleuniger. Die Therapieform ist durch die niedrige Dosierung (6 x 0,5-1 Gy, 2-3x/Woche) faktisch nebenwirkungsfrei.

Eine weit verbreitete Furcht vor einer möglichen Tumorinduktion erscheint unbegründet. Es konnte eindeutig anhand von Messungen gezeigt werden, dass durch die Verwendung moderner Geräte die pro Bestrahlungsserie anfallende Strahlenexposition die jährliche natürliche Strahlenbelastung oder die Belastung durch diagnostische Verfahren (CT, Durchleuchtung) nur unwesentlich überschreitet. Jeder Mensch hat im Laufe seines Lebens eine Wahrscheinlichkeit von rund vier Prozent, an einem Hauttumor zu erkranken. Rein rechnerisch beträgt das stochastische Risiko einer Hauttumor-Entstehung aufgrund der Bestrahlung nach circa 20 bis 30 Jahren 0,04 Prozent gegenüber der nicht-bestrahlten Bevölkerung. So erhöht sich das Hauttumorrisiko von rund vier Prozent auf 4,04 Prozent. Dagegen wird das Risiko starker, eventuell tödlicher, gastrointestinaler Komplikationen (Ulkus, Blutung, Perforation) durch die oftmals empfohlenen nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) je nach Einnahmedauer um das Zwei- bis Dreifache, bei gleichzeitiger Einnahme anderer, vor allem gerinnungshemmender Medikamente um das bis zu Zehn- bis 15-Fache erhöht. Bereits nach 14-tägiger Einnahme liegen trotz Protonenpumpenhemmer-Einnahme bei 60 Prozent der Patienten mukosale Reaktionen vor. In einer prospektiven, kontrollierten Studie wiesen bei langjähriger Einnahme bis zu 44 Prozent gegenüber 0 Prozent ohne NSAR schwere gastrointestinale Nebenwirkungen auf. Dazu kommen noch weitere potentielle schwere Nebenwirkungen wie Nierenversagen oder Knochenmarks-Aplasie, die wie die gastrointestinalen Komplikationen relativ rasch und nicht erst nach Jahrzehnten auftreten. Die Risikoberechnungen führten zu der Empfehlung, dass Menschen unter 35 Jahren nur nach spezieller Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses bestrahlt werden sollten.

Die niedrig dosierte Strahlentherapie ist eine wirkungsvolle, kostengünstige und fast nebenwirkungsfreie Therapieoption, die als nichtinvasive Therapie vor einer eventuellen Operation zur Anwendung kommen sollte.

Dr. Franz Böhler,
Univ. Doz. Dr. Alexander de Vries
LKH Feldkirch/Abteilung für Strahlentherapie und Radio-Onkologie

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„Pflegegeld – zwischen den Fronten“ und Kommentar „Pflegegeldbegutachtung: Etikettenschwindel“ von ÖÄK-Präsident Walter Dorner

Das Stellen von umfassenden medizinischen Diagnosen, die weitere Einschätzung der Entwicklung eines krankhaften Zustandsbildes und der daraus ableitbaren Beeinträchtigungen in physischer als auch psychischer Hinsicht war, ist und wird auch in Zukunft eine rein ärztliche (sic!) Tätigkeit sein. Wer auch immer dieses Prinzip in Frage stellt, begibt sich unweigerlich aufs Glatteis. Denn dafür bedarf es neben einer langjährigen Ausbildung auf höchstem Niveau einer gewissen beruflichen Erfahrung und der objektiven (!) Einschätzung eines jeden einzelnen Begutachtungsfalles.

Unmissverständlich muss auch festgehalten werden, dass die Pflege im medizinischen Alltag eine wichtige und unverzichtbare Rolle spielt. Aber frei nach dem sehr sinnreichen Sprichwort „Schuster, bleib bei deinen Leisten“ muss eingangs angesprochenes Prinzip weiterhin ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten sein!


Dr. Gerald Morolz

Völkermarkt

Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zu kürzen.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 21 / 10.11.2010