Kommentar – Dr. Lukas Stärker: KA-AZG Novelle 2010

15.12.2010 | Politik



Das KA-AZG 2010 wurde auf Initiative der ÖÄK novelliert und ist mit 1. November 2010 in Kraft getreten. Darin wurde unter anderem eine Flexibilisierung der wöchentlichen Ruhezeit auf betrieblicher Ebene ermöglicht und geregelt.
Von Lukas Stärker*

Im Herbst 2010 wurde auf Initiative der Österreichischen Ärztekammer eine weitere Novelle des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes beschlossen, die u.a.

  • eine Flexibilisierungsmöglichkeit der wöchentlichen Ruhezeit auf betrieblicher Ebene ermöglicht;
  • eine Synchronisierung der Wochenzeiträume von ARG und KA-AZG vorsieht;
  • die Rechtsposition der Vertreter der Betroffenen klarstellt sowie
  • den Ärztekammern mehr Aktionsradius in der Frage der KA-AZG Einhaltung ermöglicht.

Die KA-AZG Novelle 2010 trat am 1. November 2010 in Kraft.

I. Flexibilisierungsmöglichkeit der wöchentlichen Ruhezeit

Der neue § 7a KA-AZG legt fest,

  • dass der Kollektivvertrag die wöchentliche Ruhezeit und die Ruhezeit an Feiertagen regeln kann (Abs 1) oder
  • dass – insoweit eine Regelung durch Kollektivvertrag nicht besteht – die wöchentliche Ruhezeit und die Ruhezeit an Feiertagen wie folgt geregelt werden kann (Abs 2):
  1. durch Betriebsvereinbarung,
  2. in Krankenanstalten, deren Rechtsträger eine Gebietskörperschaft ist und in denen eine Personalvertretung eingerichtet ist, im Einvernehmen mit der Personalvertretung,
  3. in Betrieben von Gebietskörperschaften und sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts durch dienstrechtliche Vorschriften, die den wesentlichen Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwingend festlegen (dürfte, da Zuständigkeitsbereich des Bundesgesetzgebers, wohl verfassungswidrig sein).

§ 7a Abs 3 legt wie folgt den Rahmen der Abweichungsmöglichkeiten fest:

  1. kann die wöchentliche Ruhezeit in einzelnen Wochen 36 Stunden unterschreiten oder ganz unterbleiben, wenn in einem kollektivvertraglich, durch Betriebsvereinbarung oder im Einvernehmen mit der Personalvertretung festgelegten Zeitraum eine durchschnittliche Ruhezeit von 36 Stunden erreicht wird, wobei zur Berechnung nur mindestens 24-stündige Ruhezeiten herangezogen werden dürfen;
  2. kann die Lage der Ersatzruhe abweichend von § 6 ARG festgelegt werden;
  3. kann die Lage der Feiertagsruhe abweichend von § 7 ARG festgelegt werden;
  4. kann in Ausnahmefällen zur Aufrechterhaltung des Anstaltsbetriebes eine finanzielle Abgeltung der Ersatzruhe vorgesehen werden.

Die einschlägige Regelung befand sich bis 31. Oktober 2010 in § 20 ARG und wurde nun in das KA-AZG „übernommen“. Neu ist, dass diese Flexibilisierungsmöglichkeit auch durch Betriebsvereinbarung beziehungsweise Vereinbarung mit der Personalvertretung sowie stets mit Zustimmung der Vertreter der Betroffenen im Sinn des § 3 Abs 3 KA-AZG erfolgen kann, „insoweit eine Regelung durch Kollektivvertrag nicht besteht“. Dies bedeutet, dass eine Regelung durch Betriebsvereinbarung erfolgen kann, sofern entweder

  • kein Kollektivvertrag besteht;
  • kein Kollektivvertrag abgeschlossen werden kann oder
  • ein Kollektivvertrag besteht, der diese Angelegenheit aber nicht regelt.


Lediglich dann, wenn der Kollektivvertrag diese Angelegenheit bereits geregelt hat, kommt eine Regelung durch Betriebsvereinbarung nicht in Betracht.

Der bisher § 7a Abs 1 bis 3 KA-AZG – mit Ausnahme der Flexibilisierungsmöglichkeit durch Betriebsvereinbarung beziehungsweise Vereinbarung mit der Personalvertretung – entsprechende § 20 ARG war dadurch nicht mehr notwendig und konnte per 1. November 2010 ersatzlos entfallen.

II. Synchronisierung der Wochenzeiträume von KA-AZG und ARG

§ 7a Abs 4 KA-AZG legt fest, dass – „sofern nach § 4 Abs. 6 KA-AZG ein abweichender Wochenzeitraum festgelegt wurde – durch Betriebsvereinbarung, in Krankenanstalten, deren Rechtsträger eine Gebietskörperschaft ist und in denen eine Personalvertretung eingerichtet ist, im Einvernehmen mit der Personalvertretung, festgesetzt werden kann, dass derselbe Wochenzeitraum abweichend von § 3 Abs. 1 ARG an die Stelle der Kalenderwoche tritt.“

Damit ist ein jahrelanges „leidiges“ Thema endlich aus der Welt geschafft: Unterschiedliche Wochenzeiträume nach KA-AZG und ARG. Dieses Problem unterschiedlicher Wochenzeiträume stellt sich dann, wenn der KA-AZG-Standard-Wochenzeitraum (Montag 0.00 Uhr bis Sonntag 24.00 Uhr) verschoben wird. Nunmehr ermöglicht § 7a Abs 4 KA-AZG mittels Betriebsvereinbarung beziehungsweise Vereinbarung mit der Personalvertretung, den ARG-Wochenzeitraum ebenfalls zu verschieben, und zwar auf den nach dem KA-AZG festgelegten Wochenzeitraum, maW „ARG-Woche“ und „KA-AZG-Woche“ sind dann ident.

III. Klarstellung der Rechtsposition der Vertreter der Betroffenen

Die erläuternden Bemerkungen zur KA-AZG Novelle 2010 halten fest, dass, „§ 3 Abs. 3 KA-AZG generell die Einbeziehung von Vertreterinnen/Vertretern der Betroffenen in alle Fragen der Arbeitszeitgestaltung vorsieht, unabhängig davon, in welchem Gesetz diese geregelt werden. Diese Bestimmung gilt daher etwa auch für Betriebsvereinbarungen nach § 97 Abs. 1 Z 2 ArbVG (betriebliche Arbeitszeiteinteilung)“.

Daher bedarf etwa auch eine Betriebsvereinbarung beziehungsweise Vereinbarung mit der Personalvertretung zur Flexibilisierung der wöchentlichen Ruhezeit iSd § 7a KA-AZG der Zustimmung der Vertreter der Betroffenen.

IV. Ärztekammer erhält Kopie der Strafanzeige bei Arbeitnehmerschutz-Übertretungen in Krankenanstalten

Die Arbeiterkammer erhält in bestimmten Fällen (wenn die Anzeige auf Grund einer von ihr angeregten Besichtigung erfolgte) Anzeigen wegen Übertretung der Arbeitnehmerschutzvorschriften zur Kenntnis. In Krankenanstalten angestellte Ärztinnen und Ärzte sind jedoch nicht Mitglieder der Arbeiterkammer. Daher bestand hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften für diesen Personenkreis ein Rechtsschutzdefizit. Gemäß §§ 66 Abs. 1 und 117a Abs 1 ÄrzteG sind die Ärztekammern als gesetzliche Interessenvertretung ihrer Mitglieder unter anderem zur Wahrnehmung der sozialen Belange der Ärztinnen und Ärzte berufen. Hinsichtlich der Ärztekammern fehlte bis dato jedoch eine einschlägige Regelung im ArbIG, sodass die Ärztekammern keine Kopien von Strafanzeigen der Arbeitsinspektorate erhielten. Oftmals helfen jedoch gerade die Information über Strafanzeigen und die darauf folgenden Aktivitäten der Kammern, Übertretungen in Zukunft zu reduzieren bzw. auszuschließen.

Daher wurde § 9 ArbIG seit 1. November 2010 um folgenden Abs 4a erweitert:
„(4a) Erfolgt eine Anzeige wegen Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften betreffend das ärztliche Personal einer Krankenanstalt im Sinne des § 2 des Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetzes, BGBl. Nr. 1/1957, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002, ist der Österreichischen Ärztekammer eine Ablichtung der Anzeige zu übersenden.“

*) Dr. Lukas Stärker ist stellvertretender Kammeramtsdirektor der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 23-24 / 15.12.2010