Facharztprüfung: Ein fairer Härtetest

25.04.2010 | Politik

Die Facharztprüfungen in Österreich sind nicht leicht, aber auch keine entscheidenden Hürden für engagierte junge Ärzte. Und seit mehr als zehn Jahren sind sie Pflicht, um die Berechtigung zur selbstständigen Berufsausübung zu erhalten.
Von Kurt Markaritzer

Der Puls schlägt deutlich schneller, die Nerven sind zum Zerreißen angespannt und bei dem einen oder anderen stellt sich beim Betreten des Prüfungssaals ein flaues Gefühl im Magen ein: Die Prüfung zum Facharzt ist in Österreich ein absoluter Härtetest für junge Medizinerinnen und Mediziner. So stressig die Situation auch ist, man kann sie nicht umgehen, wenn man das begehrte Facharztdiplom bekommen will: Seit 31.12.1997 müssen alle Ärztinnen und Ärzte ein derartiges Examen ablegen, um die Berechtigung zur selbständigen Berufsausübung zu erhalten.

Die Facharztprüfung ist eine internationale Notwendigkeit, sie ist heute praktisch überall üblich, als letzter und krönender Punkt einer schwierigen, aber lohnenden Ausbildung. „Die Akzeptanz bei den Ärzten ist allerdings unterschiedlich“, sagt Peter Niedermoser, Präsident der Oberösterreichischen Ärztekammer und Leiter des Bildungsausschusses und der Prüfungskommission Facharztprüfung der ÖÄK, offen. „Wenn ein Turnusarzt zur Ausbildung als Allgemeinmediziner im Spital tätig ist, wird er vielfach für die Systemerhaltung eingesetzt. Da hat er zwar viel zu tun, bekommt aber nie den Eindruck, richtig ausgebildet zu werden. Da kann es schon vorkommen, dass sich der eine oder andere skeptisch fragt, was man ihn denn eigentlich prüfen wolle. Bei den Fachärzten ist es besser, denn denen muss man schon in der Ausbildungszeit die nötigen Fertigkeiten beibringen, um sie voll einsetzen zu können.“

Die Summe dieser Fertigkeiten ist es, die bei den Facharztprüfungen kontrolliert wird, denn das Examen soll zeigen, ob die Absolventen in der Lage sind, ihre zukünftige Arbeit kompetent auszuführen oder nicht. Daraus ergeben sich etliche Notwendigkeiten für eine optimale Prüfungsgestaltung: Der Inhalt der Prüfung muss für das Fach repräsentativ, wissenschaftlich korrekt und für die ärztliche Tätigkeit relevant sein, er soll sich überdies an den Bedürfnissen der Bevölkerung orientieren.

All diesen Bedingungen gerecht zu werden, ist keineswegs einfach, immerhin gibt es nicht weniger als 45 Sonderfächer – von Anästhesiologie und Intensivmedizin bis hin zu Virologie – und nicht bei allen sind die Voraussetzungen gleich; darauf muss bei den konkreten Prüfungsinhalten jedes Fachs Rücksicht genommen werden. Deshalb wurde schon vor Jahren, als die Vorarbeiten für die Facharztprüfungen begonnen haben, von der akademie der ärzte im Auftrag der Österreichischen Ärztekammer nach passenden Grundlagen für die Facharztprüfungen gesucht. Inzwischen hat sich das System eingespielt und bewährt, sagt Niedermoser: „Die Ärztekammer hat den Auftrag, die Prüfungen zu strukturieren. Wir geben diesen Auftrag mit bestimmten Auflagen an die für die einzelnen Fächer zuständigen wissenschaftlichen Gesellschaften weiter, die dann bei der konkreten Fragestellung mitwirken. Sie schlagen auch vor, wer die Prüfer sein sollen. Die letzte Entscheidung liegt dann bei der Ärztekammer.“

Zwei Punkte sind von zentraler Bedeutung für die Gestaltung der Prüfungen: Sie müssen fair und vor allem praxisnahe sein. Fälle und Fragen, die im Alltag häufig vorkommen, stehen dementsprechend öfter im Fragenkatalog, aber natürlich werden – weniger häufig aber doch – seltenere Phänomene gleichfalls abgefragt, weil sie in der Krankenhauspraxis jeden Tag auftreten können.

Bei der Prüfung stehen nicht nur die Kandidaten auf dem Prüfstand, sondern indirekt auch ihre Ausbildungsstätten. Schließlich bekommt jedes Krankenhaus und jede Abteilung deswegen Turnusärzte zur Ausbildung für den Facharzt, weil sie selbst erklärt haben, dass sie dazu in der Lage sind. Das Abschneiden der Kandidaten zeigt, ob sie diesem Anspruch gerecht werden. Deshalb, so Niedermoser, sollten sich „auch die Ausbildner für die Prüfungen und ihren Ablauf interessieren, für die Themen und ihre Gewichtung“. Denn das Ergebnis der Prüfung bestätigt nicht nur Wissen oder Nicht-Wissen der Kandidaten, sondern auch die Qualität der Ausbildung und der dafür Verantwortlichen.

Freilich hat sich dieser Aspekt der Prüfungen noch nicht überall herumgesprochen, so dass die Prüflinge dem Examen mit wesentlich mehr Anspannung entgegensehen als ihre Ausbildner. Die meisten Kandidaten bereiten sich speziell auf die Facharztprüfung vor, sagt Niedermoser: „Die angehenden Fachärzte können an sich beruhigt sein, sie werden nur das gefragt, was sie irgendwann in ihrer Ausbildung gelernt haben. Aber natürlich kommt der Prüfungsstress dazu – und da ist es schon ganz gut, wenn das eine oder andere wiederholt wird, um absolut prüfungsfit zu sein.“

Die überwiegende Mehrheit der Fachärzte ist diesbezüglich sogar topfit, wie die Statistik zeigt. Bis 31. Dezember 2009 traten 3.999 Ärztinnen und Ärzte zu Facharztprüfungen an. Nicht weniger als 95,92 Prozent haben bestanden! Und das, obwohl die Prüfungen alles andere als leicht sind. Niedermoser: „Der Qualitätslevel unserer Facharztprüfungen ist sehr hoch und auch im internationalen Vergleich höchst anerkannt.“

 

Details rund um die Facharztprüfung

Die Durchführung und Organisation der Facharztprüfung obliegt der Österreichischen Ärztekammer, die sich dazu eines Dritten bedienen darf, im Zusammenwirken mit inländischen Fachgesellschaften. Die Österreichische Ärztekammer hat nähere Vorschriften über die Organisation und Durchführung der Facharztprüfung, einschließlich eines für die Durchführung der Prüfung zu entrichtenden Prüfungsentgeltes zu erlassen.

Die Prüfungen sind nach aktuellen didaktischen Grundsätzen gestaltet, sie werden wissenschaftlich begleitet. Verantwortlich dafür ist die Besondere Einrichtung für Medizinische Ausund Weiterbildung (BEMAW) der Medizinischen Universität Wien unter der Leitung von Univ. Prof. Dr. Martin Lischka. Für heuer ist eine großflächige Evaluierung vorgesehen. Unter anderem soll festgestellt werden, ob man Prüfungsinhalte ohne Qualitätsverlust reduzieren kann.

Es gibt jährlich circa 50 Prüfungen. Prüfungstermine werden von allen 45 Sonderfächern angeboten. Üblicherweise findet eine Prüfung einmal jährlich statt, nur in den Fächern Anästhesiologie, Chirurgie, Innere Medizin, Neurologie, Radiologie und Psychiatrie gibt es wegen der großen Zahl der Kandidaten zwei Termine jährlich. Die Anmeldung erfolgt bei der zuständigen Landesärztekammer.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 8 / 25.04.2010