Nach heftigem Ringen sollen nun drei Pilotversuche für E‑Medikation noch im Herbst 2010 starten. Allerdings: Nicht ganz unwichtige Detailfragen müssen
noch geklärt werden.
Von Ruth Mayrhofer
Nach eher zähen Verhandlungen zum Projekt E‑Medikation wurde Anfang März 2010 eine Einigung zwischen den Projektpartnern – Ärztekammer und Apothekerkammer, Sozialversicherung, den Ländern und der Patientenanwaltschaft – erzielt. Schon im kommenden Herbst sollen demgemäß
drei Pilotprojekte, bei denen Arztpraxen, Apotheken genauso wie Krankenhäuser einbezogen werden, in Tirol, Oberösterreich und Wien starten. 2012 soll die E‑Medikation dann österreichweit Standard sein.
Mithilfe der E‑Medikation – als „Zugangsschlüssel“ dient die E‑Card – können Ärzte, Apotheker und Krankenhäuser sehen, welche Medikamente beziehungsweise Wirkstoffe der betreffende Patient schon einnimmt. Das trifft für rezeptpflichtige genauso wie für freiverkäufliche Präparate zu. Mit diesem Projekt soll vor allem die Patientensicherheit erhöht werden. Wechselwirkungen von verschiedenen Medikamenten sollen damit aufgezeigt und die Patienten vor möglichen gesundheitlichen Schäden bewahrt werden. Für die Patienten wird die Teilnahme an der E‑Medikation freiwillig sein. Zwar sollen idealerweise alle Österreicher einbezogen werden, doch wer das nicht will, kann für sich eine Ausnahme verlangen.
Hauptverband und Gesundheitsministerium versichern, dass die E‑Medikation unter strenger Einhaltung des Datenschutzes realisiert werden wird. Die Daten können zwar über die E‑Card abgerufen werden, sind jedoch auf einem speziellen Hochsicherheits-Server gespeichert. Nach wie vor wird daher die E‑Card nur ein „Schlüssel-Tool“ und kein Datenträger sein. Kompatibel soll die E‑Medikation jedenfalls mit allen Parametern der Elektronischen Gesundheitsakte ELGA sein. An einer technischen Umsetzung wird zurzeit noch gefeilt.
Noch offene Fragen
Die Österreichische Ärztekammer hat – als einer der Projektpartner bei der E‑Medikation – stets betont, dem Projekt nur dann volle Unterstützung zu gewährleisten, solange es in der Umsetzung für die Ärzteschaft zu keinerlei erhöhtem Arbeitsaufwand oder zusätzlichen Kosten kommt. Wie Hans Jörg Schelling, der Vorsitzende des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger bei einer Pressekonferenz in Wien betonte, sollte sich durch dieses Projekt eine klare Arbeitserleichterung und ein Zeitgewinn für die Ärzte ergeben. Er bezifferte den Nachschau-Aufwand – also den Medikamenten-Check in der Arztpraxis – mit „etwa einer Minute“. Das ist Artur Wechselberger, Präsident der Tiroler Ärztekammer sowie 1. Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer, eindeutig zu lang. „Das Rezeptieren von Arzneimitteln ist der häufigste Akt in einer Ordination. Wenn ich 80 Rezepte pro Tag schreibe, dann beträgt der Aufwand für das Abklären im Sinne der E‑Medikation 80 Minuten. Da kann ich meine Ordination gleich zusperren!“, wettert Wechselberger. Für ihn und alle anderen niedergelassenen Ärzte dürfe es nicht mehr als zwei bis drei Sekunden dauern, bis der Arzt die für ihn relevanten Informationen abgerufen hat.
Aber es gibt noch mehr Stolpersteine, bis das Projekt E‑Medikation tatsächlich auf Schiene gesetzt werden kann. So ist gemäß Artur Wechselberger auch die Finanzierungsfrage unter den vorhin genannten Kautelen noch offen. Desgleichen fehlt im Gesamtkonzept noch immer die Festlegung von Kriterien für eine positive Projekt-Evaluierung. Das betrifft die technische Funktion genauso wie die
praktische Anwendung in den Ordinationen. Die ÖÄK wird daher in der Sitzung des Lenkungsausschusses im April die klare Forderung erheben, dass all diese Kriterien verbindlich vor einem Einsetzen einer Pilotphase geklärt werden müssen. Auf die Frage, ob das Projekt E‑Medikation an diesen Details eventuell noch scheitern könnte, sagt Wechselberger unumwunden „Das ist durchaus möglich, denn wir haben unsere Bedingungen auf den Tisch gelegt. Und wir erwarten, dass diese auch umgesetzt werden“.E‑Card-Austausch 2010
Im Jahr 2010 werden rund vier Millionen E‑Cards ausgetauscht werden. Der Grund: Bei vielen Versicherten läuft die Gültigkeit der Europäischen Krankenversichertenkarte (EKVK) auf der Rückseite der E‑Card ab. Betroffen davon sind vor allem jene Personen, die 2005 erwerbstätig waren und somit eine für fünf Jahre gültige EKVK erhalten haben. Ihnen wird die neue E‑Card, die übrigens erstmals mit Braille-Schrift versehen ist, spätestens zwei Wochen vor Ablauf der Gültigkeit der EKVK auf dem Postweg zugesandt. All jene Karteninhaber, deren EKVK über das Jahr 2010 hinaus gültig ist, erhalten noch keine neue Karte. Enthält das Feld „Ablaufdatum“ Sterne, besteht kein Anspruch auf eine EKVK und es wird ebenfalls keine neue E‑Card ausgestellt.
Interview: Für ÖÄK-Präsident Walter Dorner ist bei der E‑Medikation die Patientensicherheit die oberste Maxime, erklärt er im Gespräch mit Ruth Mayrhofer. ÖÄZ: Die ÖÄK musste sich den Vorwurf gefallen lassen, zu „mauern“, was eine Projekt-Teilnahme betrifft. Warum war der Prozess bis hin zur Zustimmung so schwierig? Welche konkreten Erwartungen setzt die ÖÄK in die E‑Medikation? Noch sind einige Fragen im Rahmen der E‑Medikation offen. Stichworte: Finanzierung, Projekt-Evaluierung. Vizepräsident Wechselberger sagt, dass die Teilnahme der Ärzteschaft deswegen noch im letzten Moment platzen könnte. Wie sehen Sie das? |
© Österreichische Ärztezeitung Nr. 7 /10.04.2010