Bandscheiben- und Knochen-Regeneration: Bio-Implantat gegen Bandscheibenleiden

25.01.2010 | Medizin

In der westlichen Welt sind rund 80 Prozent der Bevölkerung zumindest einmal im Leben von Bandscheiben-Problemen betroffen. Die Forschungen am Orthopädischen Spital Speising in Wien gehen in Richtung Bio-Implantant aus Stammzellen. Von Birgit Oswald  

Degenerative Veränderungen wie der Verlust von Wasser, Einrisse oder Schrumpfung führen zu schmerzhaften Erkrankungen, die im akuten Fall bei mehr als 4.000 Patienten jährlich operativ behandelt werden müssen. Diese therapeutische Vorgehensweise wirkt zwar dem Schmerz entgegen, eine endgültige Heilung ist dadurch aber nicht gegeben. Claudia Eder, Leiterin des Zell-Labors des Orthopädischen Spitals Speising in Wien, bemüht sich deshalb gemeinsam mit Univ. Doz. Michael Ogon, Leiter der III. Orthopädischen Abteilung, neue Methoden zu entwickeln, die dem Patienten eine nachhaltige und unkomplizierte Genesung ermöglichen.

Die Forschung des hausinternen Zelllabors fokussiert biologische Therapiemöglichkeiten im Bereich der Bandscheiben- und Knochenregeneration, die vor allem in Richtung „Bio-Implantat“ gehen. Dabei versucht man, aus krankhaften Bandscheiben oder auch aus Stammzellen neues Zellmaterial zu generieren, welches dem Patienten eingesetzt werden kann. Knorpelschäden am Knie können bereits auf diesem Wege therapiert werden. Die Methode kann allerdings nicht analog auf die Wirbelsäulenchirurgie übertragen werden, da bei einer degenerierten Bandscheibe – die sich immer in ihrer Gesamtheit verändert – jegliches gesundes Gewebe, aus welchem funktionsfähiges Zellmaterial gewonnen werden könnte, fehlt. Claudia Eder betont deshalb die Vorzüge des aus Stammzellen gewonnenen Zellmaterials, das während der präoperativen Vorbereitung aus Fettgewebe entnommen werden kann. Dieser Eingriff ist bei örtlicher Betäubung möglich und bietet so erhebliche Erleichterung im Gegensatz zu aufwendigen operativen Therapien wie der momentan praktizierten Fusionierung und Stabilisierung durch Schrauben oder dem Einsatz von Prothesen.

Anders als Fremdkörper-Metallimplantate verfügt eine biologisch regenerierte Bandscheibe über den Vorteil, optimal am körpereigenen Stoffwechsel teilnehmen zu können und deshalb nicht abgestoßen zu werden. Momentan steckt die Forschung aber noch in Kinderschuhen, wie Ogon erklärt: „Wenn uns in den nächsten Monaten die ersten Schritte im Zell-Labor gelingen, erfolgen weitere Experimente und präklinische Studien. Erst danach könnte die Methode erstmals am Menschen angewandt werden“. Obwohl die Technik noch nicht am Patienten eingesetzt werden kann, lassen sich dennoch erste relevante Forschungsergebnisse präsentieren. Die Wissenschafter haben herausgefunden, dass sich entnommene Zellen, die in Kulturen gehalten werden, unabhängig von ihrem Alter teilen – eine enorme Erkenntnis auf dem Weg zur biologisch regenerierten Bandscheibe.   

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.01.2010