11. Innviertler MedizinForum: Besachwaltet, nicht entmündigt

15.12.2010 | Medizin

Sachwalterschaften können unterschiedliche Reichweiten haben und selbst für einzelne Angelegenheiten bestellt werden. Dies ist ein großer Unterschied zur einstigen Entmündigung, wie einer der Referenten im Vorfeld des 11. Innviertler MedizinForums, das im Jänner 2011 stattfindet, betont.
Von Birgit Oswald

Grundsätzlich beruht das Verhältnis zwischen Arzt und Patient auf einem Behandlungsvertrag, der aber nur geschlossen werden kann, wenn der Patient in diesem Bereich geschäftsfähig ist. Trifft dies auf einen Patienten nicht zu, muss zunächst überprüft werden, ob eine Vorsorgevollmacht errichtet wurde. Liegt diese nicht vor, muss der Patient durch einen Sachwalter vertreten werden, sofern auch kein Fall der Angehörigenfürsorge vorliegt. „Besachwaltet werden Patienten, die bei gegebener Behandlungsnotwendigkeit intellektuell nicht in der Lage sind, ihre Krankheit oder die zur Diskussion stehende Behandlungsmethode beziehungsweise die Risiken der Behandlung zu verstehen oder sich nicht darüber bewusst sind, an einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung zu leiden, hierzu zählt auch Demenz.“, erklärt Rechtsanwalt Gernot Lehner, der beim Innviertler MedizinForum einen Vortrag zu diesem Thema hält. Ist ein Patient besachwaltet, aber in medizinischen Fragen dennoch einsichtsfähig, entscheidet er allerdings selbst, ob er in die Behandlung einwilligt oder diese ablehnt. Ist er nicht einsichtsfähig, entscheidet der Sachwalter beziehungsweise muss vom Arzt oder medizinischen Personal beim Pflegschaftsgericht die Bestellung eines Sachwalters angeregt werden, sofern noch keiner bestellt ist. In Notfällen mit unmittelbarem Handlungsbedarf entscheidet jedoch immer der Arzt.

Als Sachwalter eignen sich in erster Linie die nächsten Angehörigen, weil diese die Personensorge aufgrund des Naheverhältnisses optimal durchführen können. „Als nächste Angehörige gelten die Eltern, die volljährigen Kinder, Ehegatten und die Lebensgefährten, wenn eine mindestens dreijährige Partnerschaft besteht“, erklärt Lehner. 60 Prozent aller Sachwalter sind Angehörige. Gibt es keine Angehörigen oder sind diese nicht bereit, als Sachwalter zu fungieren, ist vom Gericht eine andere geeignete Person zu bestellen; in vielen Fällen springt der Verein für Sachwalterschaft ein. „Dabei handelt es sich um einen vom Justizministerium geförderten Verein, der professionell Sachwalterschaften übernimmt“, so Lehner. Wegen des großen Bedarfs sei es dennoch oft schwer, Sachwalter zu finden. Es kommen auch Rechtsanwälte in Frage, die insbesondere dann vom Gericht bestellt werden, wenn Angelegenheiten, die rechtliche Spezialkenntnisse erfordern, zu erledigen sind. Rechtsanwälte und Notare sind von Gesetzeswegen verpflichtet, bis zu fünf Sachwalterschaften zu übernehmen.

Sachwalterschaften können dem Experten zufolge unterschiedlich weitreichend sein. Der Patient kann auch nur für einzelne Bereiche, wie etwa medizinische Angelegenheiten, besachwaltet werden. Dies ist ein neuerlicher Unterschied zur Entmündigungsordnung, die 1916 bis 1984 in Kraft stand und danach vom modernen Sachwalterschaftsrecht abgelöst worden ist. Es handelt sich hierbei nicht um eine reine Begriffsänderung, sondern viel mehr um einen neuen Zugang zum Thema, wie Lehner betont: „Der wesentliche Unterschied ist der, dass jemand, der entmündigt wurde, als generell geschäftsunfähig galt, während es bei Einrichtung einer Sachwalterschaft die Möglichkeit gibt, je nach Bedürfnissen des Betroffenen zu differenzieren. Die Besachwalterung erfolgt zum Schutz des Betroffenen für jene Bereiche, in denen er seine rechtlichen Interessen nicht selbst wahrnehmen kann.“ Selbst für einzelne Angelegenheiten wie den Abschluss eines Heimvertrags ist es möglich, einen Sachwalter zu bestellten. „Das ist aber die Ausnahme“, wie Lehner hinzufügt, denn „normalerweise wird die Sachwalterschaft, solange es erforderlich ist aufrecht erhalten und besteht, bis sich der Zustand des Patienten verbessert oder endet eben mit dem Tod des Patienten“.

11. Innviertler MedizinForum

Ort: Therme Gainberg
Datum: Freitag, 28.1.2011: 13:00 – 18:00 Uhr
Samstag, 29. 1.2011: 10:00 – ca. 17:15 Uhr
Anmeldung:
http://www.medizinforum.co.at/

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 23-24 / 15.12.2010