Niederösterreichisches Landesmuseum: Schätzereich – Schicksalsreich

25.01.2010 | Kultur


Schätzereich – Schicksalsreich

Eine neue Phase im Um- und Weiterbau des Niederösterreichischen Landesmuseums in St. Pölten wurde abgeschlossen. Mit kostbaren Objekten blickt man auf die eigene Geschichte zurück. Von Renate Wagner  

Gleich im ersten Raum steht der Kopf eines Kaisers – es ist einer der bedeutendsten, den Rom je hatte, nämlich Marc Aurel, der Philosoph auf dem Thron, der bekanntlich seine letzten Lebensjahre in Carnuntum verbracht hat. Niederösterreich war damals ein Grenzbollwerk des römischen Weltreichs. Im letzten Raum dann blickt – in der Pose eines römischen Imperators mit Lorbeerkranz und Toga – Kaiser Franz I. auf den Besucher. Er steht für jene schwere Epoche, in der die Napoleonischen Kriege Europa verwüsteten, wobei besonders auf niederösterreichischem Boden heftig gekämpft wurde. Und er herrschte noch tief in jenes „Biedermeier“ hinein, in dem sich das Land wiederum bewährte – in Wirtschaft und in Kunst.

Aus eigenen Beständen und mit Hilfe von Leihgaben wurden viele wertvolle Dokumente zur Landesgeschichte zusammen getragen. Da gibt es etwa den Stiftbrief des Klosters Melk oder später die Urkunde zur Heiligsprechung des Babenberger-Herzogs Leopold III. Das optisch originellste Stück unter den mittelalterlichen Dokumenten ist der Vertrag von Mailberg aus dem Jahr 1451, denn an ihm hängen nicht weniger als 254 Siegel: Jeder Adelige, der sich hier gegen Kaiser Friedrich III. wandte, war natürlich mit eigenem Wappenabdruck auf Wachs vertreten…

Niederösterreich war nach der Babenberger-Herrschaft stets ein Kernland des Habsburgischen Reichs, umschloss es doch die Hauptstadt Wien. Vieles, was diese betraf, wurde auch im umliegenden Land ausgetragen, etwa die Türkenbelagerungen: Der Säbel von Sultan Süleiman beweist, dass man siegreich war. Auch andere Originale sind zu bewundern, etwa der Kommandostab des Prinzen Eugen. Repräsentativ wird es im Barock – nicht nur mit Gemälden von Maria Theresia und ihrem Sohn Kaiser Joseph II., auch mit Werken so bedeutender Künstler wie Daniel Gran, Paul Troger, Bartolomeo Altomonte oder Martin Johann Schmidt.

Die Landesgeschichte wird breit behandelt – von politischen Unruhen bis zu den großen Seuchen, die auch Niederösterreich heimsuchten. Stets spielte die Religion eine herausragende Rolle, aber Reformation und Gegenreformation erschütterten das Land. Wirtschaftlich waren immer wieder große Aufschwünge zu verzeichnen, besonders im Rahmen der Industrialisierung. Stoffmuster erzählen etwa von den Innovationen der Seidenmanufaktur Bräunlich.

Gerade im Biedermeier ist Niederösterreich für die Wiener besonders „modern“ geworden – man fuhr in die Kurstadt Baden, man kaufte sich Häuser am Land, wenn man es sich leisten konnte, die großen Maler zogen aus, die Landschaft zu verewigen. Doch damit die Idylle nicht allzu verführerisch wird, steht wieder Aufruhr am Ende: Man hat ja die Revolution von 1848 als Schlusspunkt für diese umfassende Schau der Landesgeschichte gewählt.


Was, Wann, Wo:


Schätzereich – Schicksalsreich – Niederösterreich

Bis 11. April 2010, Dienstag bis Sonntag bzw. Feiertag von 9 bis 17 Uhr
NÖ Landesmuseum, St. Pölten, Kulturbezirk 5, 3100 St. Pölten
Tel. 02742/90 80 90/999
www.noe.gv.at/nlk
www.landesmuseum.net

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.01.2010