Hofmobiliendepot – „Phänomen IKEA“: Im Wandel der Zeit

10.06.2010 | Kultur


Im Wandel der Zeiten

Einst war ein IKEA-Bücherregal ein gering geschätztes Massenprodukt. Heute hingegen steht IKEA für stilbewusstes skandinavisches Design – so ändern sich die Zeiten.
Von Renate Wagner

Selbst zusammenbauen musste man es immer – und man muss es noch heute: Das ist schließlich Teil des Rezepts, auf dem der weltweite Erfolg von IKEA aufbaut. Möbel, die praktisch verpackt und mitgenommen werden können. Es gab noch ein paar andere Genie-Ideen, mit denen IKEA reüssiert, seit Ingvar Kamprad dieses Unternehmen 1943 gegründet hat: der günstige Preis zum Beispiel als Folge von genauen Herstellungsstrategien, die jährlich wechselnden Kataloge mit einem stets neuen, dem Zeitgeist angepassten Angebot. All das kann man im Hofmobiliendepot, das sich in seiner Dauerausstellung der Geschichte widmet und in seinen Sonderausstellungen gerne die Gegenwart beschwört, überzeugend sehen.

Das Bücherregal „Billy“, das es an die 70 Millionen Mal auf der Welt gibt, hat IKEA in seinen Anfängen einen „Billigsdorfer“-Ruf verschafft, den die Firma längst hinter sich lassen konnte, um heute nicht nur für Qualität, sondern auch Stil zu stehen. Dazu bietet die Ausstellung ein sehr eindrucksvolles Beispiel. In ausführlichen Recherchen wurde das „typische Wohnzimmer“ von Herrn und Frau Österreicher ermittelt. So, wie es nun mit seinen Einbaumöbeln denkbar klobig und angeräumt dasteht, kann es mit einem typischen IKEA-Wohnzimmer mit seiner Eleganz in Form und Farbgebung nicht mithalten. Augenfälliger wäre der Beweis für die „Überlegenheit“ von IKEA nicht anzutreten, wobei es sich um keinerlei Verkaufs- oder Werbepräsentation des Unternehmens handelt. Vielmehr geht es um Jahrzehnte von Wohnstrategien. Und um Globalisierung – mittlerweile ist IKEA nicht nur in Europa vertreten, sondern ebenso in Japan oder am Arabischen Golf.

Von großer Wichtigkeit für das Unternehmen sind die Kataloge, die in mehr als 20 Sprachen weltweit in einer Auflage von 200 Millionen jährlich herausgebracht werden. Im normalen Haushalt werden sie durchgeblättert und landen später im Müll. Die Ausstellung stellt die Kataloge seit dem ersten, im Jahre 1951 erschienenen, wie Kostbarkeiten aus, und hier erweist sich nun an Fotos und griffigen Werbesprüchen das ungemein effektive Vorgehen. Es ist gelungen, gerade angesichts der Massenware den Individualitäts-Koeffizienten betonen („Wohnen auf deine Art“). Ebenso haben die IKEA-Einkaufszentren früh schon auf den „Entertainment“-Faktor gesetzt, schwedische Speisen serviert und typisch schwedische Produkte angeboten. Vermutlich hat IKEA für die Bekanntheit und auch die Reputation von Skandinavien mehr getan als Künstler und Königshäuser zusammen…

Die Ausstellung präsentiert die Möbel auf Podesten, die es dem Besucher ermöglichen, sie auf Augenhöhe zu betrachten. Deutlich wird, dass die nordischen Designer keinerlei Scheu hatten, sich von Vorbildern (etwa den Thonet-Stühlen mit ihren gebogenen Formen) „inspirieren“ zu lassen. Natürlich treffen nicht alle der gezeigten Stücke heute noch den Geschmack, aber alle waren in ihrer Zeit erfolgreich.

Was, Wann, Wo:

Phänomen IKEA

Bis 11. Juli 2010;
Di bis So 10.00 bis 18.00 Uhr
Hofmobiliendepot • Möbel Museum Wien,
Andreasgasse 7, Wien
Tel.: 01-524 33 57

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 11 / 10.06.2010