Belvedere: Korbinian-Altar: Gefährdet – Konserviert – Präsentiert

25.06.2010 | Kultur

Immer wieder nehmen sich die Museen kostbare Einzelstücke her und unterziehen sie, wenn nötig, aufwendigen Konservierungsmaßnahmen. Am Tiroler Korbinian-Altar von 1480 ist vieles besonders bemerkenswert – denn er konnte endlich „zusammengeführt“ werden.
Von Renate Wagner

Es ist ein verbreitetes Schicksal von Flügelaltären, dass sie immer wieder aus Gier „geteilt“ wurden. Manchmal hat schon die Mitwelt, zumeist jedoch die Nachwelt die Altäre in drei, wenn nicht sogar mehr Stücke „zerschnitten“ – ein Akt von Barbarei, der in vielen Fällen gar nicht mehr gut zu machen ist. Den seltenen und glücklichen Fall einer „Zusammenführung“ von Einzelteilen kann man nun im Belvedere betrachten. Im Schaudepot im Prunkstall ist dort der wieder komplette Korbinian-Altar der Wallfahrtskirche St. Korbinian in Unter-Assling (Thal-Wilfern) im Osttiroler Pustertal zu sehen. Seine Flügel waren kurz nach der Mitte des 19. Jahrhunderts aus der Kirche verschwunden. Erst 1999 hat man sie wieder entdeckt und zugeordnet.

Der Heilige Korbinian (um 670 in Frankreich geboren, gestorben um 730 in Freising) ist der Kirchenpatron der Diözese Bozen-Brixen und war auch der erste Abt von Weihenstephan und Begründer des Bistums Freising. Er selbst wird in den Pontifikalgewändern mit seinem üblichen Attribut, dem Bären, dargestellt: Das „Bärenwunder“ ist einer der bekanntesten Bestandteile seiner Legende. Der reich gegliederte und geschmückte Altar bietet in seiner Predella, dem Sockel, Wunderszenen aus dem Leben des Heiligen.

Verschwunden waren hingegen die Flügel mit ihren Heiligenbildern, nämlich auf den Flügelinnenseiten Florian und Magdalena unter gotischen Maßwerkbaldachinen, auf den Außenseiten Andreas und Korbinian. Die Künstler, die dieses ungemein wertvolle Stück geschaffen haben, sind zwei der bedeutendsten, die damals in Südtirol tätig waren, der Maler Friedrich Pacher (der auch im Dienst von Kaiser Maximilian I. stand und mit seinem Verwandten, Michael Pacher, an dem berühmten Altar von St. Wolfgang arbeitete) und der Bildschnitzer Hans Klocker.

Dem Meisterwerk der beiden wurde ein bewegtes Schicksal zuteil, als die gestohlenen Altarflügel in der Sammlung Goudstikker in Breukelen, Niederlande, auftauchten. Später von Hermann Göring in seine Sammlung aufgenommen, nahmen die Teile nach dem Krieg gewundene Wege, bis sie 2006 den Erben der Godstikkers zurückgegeben wurden. Der Münchner Kunsthistoriker Ulrich Söding hat sie gefunden, und die Landesgedächtnisstiftung Tirol erwarb sie im Juli 2007 bei Christie‘s in London.

Das Land Tirol hat daraufhin nicht nur mit der Restaurierung begonnen, sondern auch eine naturwissenschaftliche Untersuchung des gesamten Altars veranlasst, die in den Werkstätten des Bundesdenkmalamts in Wien erfolgte. Nun kann das Belvedere den Altar in seiner ganzen Pracht zeigen. Nach der Präsentation wird er wieder an seinen Ursprungsort, die Kirche in Thal, zurückkehren.

 

Was, Wann, Wo:
Der Korbinian-Altar von Friedrich Pacher
Bis 18. Juli 2010,
täglich 10 bis 12 Uhr
Unteres Belvedere, Wien

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 12 / 25.06.2010