Albertina: Cars – Andy Warhol: Der Zauber des roten Coupé…

10.03.2010 | Kultur

Der Daimler-Benz-Konzern engagierte 1986 den US-amerikanischen Star der Pop-Art, Andy Warhol anlässlich des 100. Geburtstags des Unternehmens, den er in 80 Motiven feiern sollte. Eine legendäre Serie über verschiedene Mercedes-Modelle ist in der Albertina zu sehen.
Von Renate Wagner

Warhols unerwarteter Tod 1987 verhinderte die Fertigstellung des mit 80 Motiven geplanten Projekts; die 35 entstandenen Motive sind längst Kult-Stücke der modernen Kunst und Höhepunkte der Daimler-Benz-Sammlung.

Mercedes, wohin man schaut – in Einzeldarstellungen, in den bekannten Siebdruck-Serien, wo jedes einzelne Motiv anders gefärbt ist, auch in Skizzen und Collagen, die Warhol anfertigte.

Dabei ist es ihm gelungen, Wagen von den Anfängen bis in seine Gegenwart zu gestalten. Da fährt (Warhol bearbeitete vielfach ein altes Foto) Karl Benz mit seinem Mitarbeiter auf einem Benz- Patent-Motorwagen von 1886, also gewissermaßen die „Geburtsstunde“ des Autos, aber auch Gottfried Daimler und Sohn sitzen 1886 in einer „Motorkutsche“; da begegnet man dem schon geschlossenen Coupé „Mylord“ von 1901; der ganze eigentümliche Chic der 1920er Jahre ist um den Mercedes Typ 400 Tourenwagen von 1925; der Formel-Rennwagen W 125 von 1937 wirkt in der gewählten Draufsicht mehr wie ein Tier als wie ein Auto; das Mercedes-Benz 300 SL Coupé von 1954 begrüßt den Besucher frontal beim Eintritt in die Ausstellung in schnittigem Rot; der Formel 1-Rennwagen von 1954 trägt in seinen gewundenen Formen nicht umsonst die Bezeichnung „Stromlinie“; und schließlich hat Warhol noch den Versuchswagen von 1970 vier Jahre voraus konterfeit – mit aufgeklappten Türen, was ihm ein grotesk käferartiges Aussehen verleiht … Warhol hat sein spezifisches „Programm“ auf die Autos der Marke Mercedes angewendet und damit für alle Zeit den Klassiker „Auto“ mit dem Klassiker „Warhol“ verbunden. Daimler-Benz hat den Ruhm der eigenen Kunst-Sammlung durch gezielte Aufträge an moderne Künstler gefestigt. Thema ist immer das Auto, die Gesichtspunkte sind stets verschieden. Zwar mag das acht Meter lange „Rote Auto“, das der New Yorker Robert Longo schuf, an Warhol anschließen, aber sein Blick auf Wagen, der auch Motoren einschloss, ist entschieden formalistischer, härter, verfremdender. Der US-Amerikaner Vincent Szarek zeigt seine Spezialität, die Verbindung von bildender Kunst und Design, auch in seinem speziellen Zugang zum Thema Auto und Mercedes – er nimmt Einzelteile des Autos und verleiht ihnen als in Hochglanz lackierte Objekte einen ganz eigenen Charakter, etwa eine rote Motorhaube, die an einem Mund gemahnt, ein hochkantiges, vergoldetes Stück, das nicht umsonst „Goldzahn“ genannt wird.

Ein weiblicher Blickwinkel wird von der Schweizer Objekt-Künstlerin Sylvie Fleury eingenommen, die ebenso ein „Formel 1 Dress“ geschaffen wie Motorzeitschriften mit ihren teils sexistischen Titelbildern vergrößert angeordnet hat. Die Ausstellung zeigt vor allem ihre Videofilme, die den klassischen Konnex zwischen Frau und Automobil herstellen – ein Werbeeffekt, der traditionell über erotische Signale läuft. Das ist nur eines der vielen Versprechen, die sich an das Kultobjekt „Auto“ knüpfen, dessen Faszination auch moderne Künstler in ihren Arbeiten widerspiegeln.

Was, Wann, Wo:

Andy Warhol, Sylvie Fleury, Robert Longo, Vincent Szarek: Cars
Bis 6. Mai 2010, täglich 10 bis 18 Uhr,
Mittwoch 10 bis 21 Uhr

Albertina, 1010 Wien
www.albertina.at

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 5 / 10.03.2010