Kam­pa­gne „Meine Gesund­heit“ – Nie­der­ge­las­sene Ärzte star­ten Kampagne

25.11.2022 | Politik

Mit Fern­seh­spots, Inse­ra­ten und Input auf Social media star­tet die Bun­des­ku­rie nie­der­ge­las­sene Ärzte eine groß ange­legte Kam­pa­gne, die eines in den Mit­tel­punkt stellt: Ers­ter Ansprech­part­ner in allen Fra­gen rund um Vor­sorge und Gesund­heit sind die nie­der­ge­las­se­nen Ärz­tin­nen und Ärzte.

Agnes M. Mühlgassner

„Es ist eine Leis­tungs­schau der beson­de­ren Art, die nie­der­ge­las­sene All­ge­mein­me­di­zi­ne­rin­nen und Fach­ärzte erbrin­gen, und die wir mit die­ser Kam­pa­gne in den Mit­tel­punkt stel­len wollen.“
Johan­nes Stein­hart, ÖÄK-Präsident

Ich ersu­che alle Ärz­tin­nen und Ärzte, das Pla­kat gut sicht­bar in der Ordi­na­tion aufzuhängen.“
Edgar Wut­scher, Kuri­en­ob­mann nie­der­ge­las­sene Ärzte

Diese „Leis­tungs­schau“ der beson­de­ren Art kann sich sehen las­sen, sagt ÖÄK-Prä­si­dent Johan­nes Stein­hart im Vor­feld der Kam­pa­gne „Meine Gesund­heit beginnt bei mei­ner Ärz­tin, bei mei­nem Arzt. Und nir­gendwo sonst“. So haben – laut den Daten der Sozi­al­ver­si­che­rung – im Jahr 2021 mehr als 107 Mil­lio­nen Kon­takte mit Pati­en­ten in den Ordi­na­tio­nen von nie­der­ge­las­se­nen All­ge­mein­me­di­zi­nern und nie­der­ge­las­se­nen Fach­ärz­tin­nen statt­ge­fun­den. Oder anders aus­ge­drückt: Öster­reichs nie­der­ge­las­sene Ärz­tin­nen und Ärzte betreuen in ihren Ordi­na­tio­nen täg­lich durch­schnitt­lich 400.000 Frauen, Män­ner und Kin­der. Und das ist noch nicht alles: Im Jahr 2021 wur­den mehr als eine Mil­lion Vor­sorge-Unter­su­chun­gen erbracht und auch knapp eine Mil­lion Leis­tun­gen im Rah­men des Mutter-Kind-Passes.

Wieso sich die Bun­des­ku­rie dazu ent­schlos­sen hat, eine groß ange­legte Image-Kam­pa­gne durch­zu­füh­ren, erklärt deren Obmann Edgar Wut­scher fol­gen­der­ma­ßen: „Es tut mir in der Seele weh, wenn ich anse­hen muss, dass der unglaub­li­che Ein­satz, den Öster­reichs Ärz­tin­nen und Ärzte jeden Tag aufs Neue erbrin­gen, nicht immer von allen Sys­tem­part­nern gese­hen und wert­ge­schätzt wird. Des­we­gen haben wir uns in der Bun­des-kurie nie­der­ge­las­sene Ärzte Mitte Novem­ber die­ses Jah­res ein­stim­mig dazu ent­schlos­sen, dar­auf hin­zu­wei­sen. Wir stel­len die Leis­tun­gen und die Kom­pe­tenz der Ärz­tin­nen und Ärzte nun ins Rampenlicht.“

Die wei­te­ren Schritte: Mit die­ser Aus­gabe der ÖÄZ erhal­ten alle nie­der­ge­las­se­nen Ärz­tin­nen und Ärzte ein War­te­zim­mer­pla­kat, das über die Kam­pa­gne infor­miert. Wut­scher ersucht hier die nie­der­ge­las­se­nen Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen um Unter­stüt­zung: „Ich ersu­che alle Ärz­tin­nen und Ärzte, das War­te­zim­mer­pla­kat gut sicht­bar in der Ordi­na­tion aufzuhängen.“

Die Kam­pa­gne selbst hat drei Schwer­punkte: So wird es vor der Sen­dung „Bun­des­land heute“ regio­nal­spe­zi­fisch gestal­tete Spots geben, in denen auf die Leis­tun­gen der nie­der­ge­las­se­nen Ärz­tin­nen und Ärzte auf­merk­sam gemacht wird. Eine breit gestreute Inse­ra­ten-Kam­pa­gne in Tages­zei­tun­gen, regio­na­len und loka­len Zei­tun­gen auf Bun­des- und Bezirks­ebene stellt den zwei­ten Schwer­punkt dar. Den drit­ten Fokus bil­det Social media: Hier wird mit ent­spre­chen­den Akti­vi­tä­ten auf die Leis­tun­gen der nie­der­ge­las­se­nen Ärz­tin­nen und Ärzte auf­merk­sam gemacht.

Zufrie­den­heit außer­or­dent­lich hoch

Die Öster­rei­che­rin­nen und Öster­rei­cher sind hoch zufrie­den mit der medi­zi­ni­schen Ver­sor­gung, wie die aktu­ell ver­füg­bare Gesund­heits­be­fra­gung* der Sta­tis­tik Aus­tria im Auf­trag des Gesund­heits­mi­nis­te­ri­ums zeigt. Rund 90 Pro­zent der Frauen und Män­ner über 15 Jah­ren waren mit der Betreu­ung beim All­ge­mein­me­di­zi­ner und beim Fach­arzt sehr zufrie­den bezie­hungs­weise zufrieden.

In den ver­gan­ge­nen zehn Jah­ren haben 55,4 Pro­zent der über 50-Jäh­ri­gen einen Colo­sko­pie durch­füh­ren las­sen. Rund die Hälfte aller Frauen ab 15 Jah­ren hat im ver­gan­ge­nen Jahr einen PAP-Abstrich durch­füh­ren las­sen: Bei den über 45-Jäh­ri­gen waren in den ver­gan­ge­nen bei­den Jah­ren vor der Befra­gung 65,7 Pro­zent der Frauen bei einer Mam­mo­gra­phie; 27,2 Pro­zent vor mehr als zwei Jahren.

Dass die kon­ti­nu­ier­li­che Betreu­ung von nie­der­ge­las­se­nen All­ge­mein­me­di­zi­nern und Fach­ärz­ten noch wei­ter an Bedeu­tung gewin­nen wird, zeich­net sich schon auf­grund der demo­gra­phi­schen Ent­wick­lung und der damit ein­her­ge­hen­den gesund­heit­li­chen Beein­träch­ti­gung ab. Dem­nach geben 2,8 Mil­lio­nen Men­schen (davon 1,5 Mil­lio­nen Frauen) über 15 Jah­ren an, eine dau­er­hafte Krank­heit oder ein chro­ni­sches Gesund­heits­pro­blem zu haben. Die Betreu­ung von Men­schen mit einer chro­ni­schen Krank­heit ist eine der zen­tra­len Auf­ga­ben von nie­der­ge­las­se­nen Ärz­tin­nen und Ärz­ten. So zäh­len – laut den Anga­ben der Sozi­al­ver­si­che­rung für das Jahr 2021 – Medi­ka­mente gegen Blut­hoch­druck, Psy­cho­phar­maka, Sta­tine, Anti­dia­be­tika, Anti­throm­bo­tika, Analge­tika, Phar­maka bei obstruk­ti­ven Atem­wegs­er­kran­kun­gen zu den Grup­pen von Phar­maka, die am häu­figs­ten ver­ord­net werden.

Ein Nega­tiv-Bei­spiel dafür, was pas­siert, wenn der Ver­trau­ens­arzt – also der Haus­arzt oder Gynä­ko­loge – durch einen Brief ersetzt wird, zeigt das Mam­mo­gra­phie-Scree­ning. Im Zuge der Umstel­lung des oppor­tu­nis­ti­schen Scree­nings auf das Brust­krebs­früh­erken­nungs­pro­gramm gin­gen die Fre­quen­zen gleich im ers­ten Monat rapide zurück: Im Bur­gen­land waren es minus 29 Pro­zent, in Wien minus 21 Pro­zent, in Salz­burg minus 57 Pro­zent. „Das war damals die Kon­se­quenz, dass man ein funk­tio­nie­ren­des Pro­gramm, bei dem die Haus­ärzte und die Gynä­ko­lo­gen zur Mam­mo­gra­phie über­wie­sen haben, auf ein anony­mes Ein­la­de­sys­tem mit­tels Brief umge­stellt hat“, resü­miert Johan­nes Stein­hart. Mehr­fach wurde adap­tiert – und den­noch lag drei­ein­halb Jahre nach der Ein­füh­rung die Teil­nah­me­rate noch immer bei rund 38 Pro­zent – und damit mei­len­weit ent­fernt von den ursprüng­lich ange­streb­ten 70 Pro­zent. Stein­hart dazu: „Hier zeigt sich die ent­schei­dende Rolle des Ver­trau­ens­arz­tes“. Die Arzt-Pati­en­ten-Bezie­hung fehle, die nach Ansicht von Stein­hart „wich­tigste“ Säule – gerade auch in puncto Prä­ven­tion. Im Zuge der Eva­lu­ie­rung die­ses Pro­gramms haben zwei Drit­tel der Frauen ange­ge­ben, dass der Ver­trau­ens­arzt die wich­tigste Infor­ma­ti­ons­quelle in puncto Brust­krebs-Früh­erken­nungs­pro­gramm ist. Die Teil­nah­me­rate konnte übri­gens wie­der erhöht wer­den, nach­dem seit 2018 wie­der All­ge­mein­me­di­zi­ner und Gynä­ko­loge zur Mam­mo­gra­phie zuwei­sen kön­nen. Die Teil­nah­me­rate lag zuletzt (Stand: Sep­tem­ber 2022) bei immer­hin 58 Prozent.


Aus der Sicht einer Allgemeinmedizinerin

„Die Arbeit, die wir nie­der­ge­las­sene All­ge­mein­me­di­zi­ne­rin­nen und All­ge­mein­me­di­zi­ner tag­täg­lich in den Ordi­na­tio­nen erbrin­gen, bleibt viel­fach unbe­dankt. Wobei die Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten die­je­ni­gen sind, die uns als Ansprech­part­ner schät­zen und auf unsere Mei­nung ver­trauen. Was aller­dings viel­fach fehlt, ist die Wert­schät­zung von Sei­ten der Poli­tik und auch von Sei­ten der Sozi­al­ver­si­che­rung, dass wir uns um unsere Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten küm­mern. Denn es geht nicht nur um die Behand­lung der Krank­hei­ten unse­rer Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten, es geht auch um Bezie­hungs­me­di­zin, um die soziale Kom­po­nente bei der Betreu­ung in den Ordi­na­tio­nen. Das ist das, was die Tätig­keit von uns nie­der­ge­las­se­nen Ärz­tin­nen und Ärz­ten so beson­ders macht. Wir haben eine Ver­pflich­tung unse­ren Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten gegen­über. Und für diese Zuwen­dungs­me­di­zin gibt es nur einen zen­tra­len Ansprech­part­ner: uns nie­der­ge­las­sene Ärz­tin­nen und Ärzte.

Dr. Naghme Kama­leyan-Schmied, stv. Kuri­e­nob­frau nie­der­ge­las­sene Ärzte, Ärz­te­kam­mer Wien


Aus der Sicht eines Facharztes 

„Als Psych­ia­ter weiß ich ganz beson­ders um die Bedürf­nisse von Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten Bescheid, die zu mir in die Ordi­na­tion kom­men. Gerade in der Psych­ia­trie ist die Arzt-Pati­en­ten-Bezie­hung von zen­tra­ler Bedeu­tung. Das zeigt sich beson­ders in kri­sen­haf­ten Zei­ten, wenn Men­schen krank wer­den oder krank sind. So gab es bei­spiels­weise unmit­tel­bar nach dem ers­ten Lock­down im Früh­jahr 2020 einen Rück­gang bei der Ver­schrei­bung von Psy­cho­phar­maka um rund 25 Pro­zent, weil es große Ängste gab, sich mit SARS-CoV‑2 anzu­ste­cken. Nicht nur das: Inter­na­tio­nale Unter­su­chun­gen zei­gen auch, dass rund ein Fünf­tel der Bevöl­ke­rung im zwei­ten Jahr der Pan­de­mie über Sym­ptome einer Depres­sion berich­tete. Das bedeu­tet im Ver­gleich zum Jahr davor eine Ver­dop­pe­lung. Das ver­deut­licht mei­ner Ansicht nach noch mehr, wie wich­tig der per­sön­li­che Kon­takt mit dem Fach­arzt sei­nes Ver­trau­ens ganz gene­rell ist – und ganz beson­ders natür­lich in mei­nem Fach­ge­biet, der Psych­ia­trie, die noch ein­mal ganz andere Anfor­de­run­gen mit sich bringt. Und für diese beson­de­ren Anfor­de­run­gen ste­hen wir nie­der­ge­las­se­nen Fach­ärz­tin­nen und Fach­ärzte als Ansprech­part­ner immer zur Verfügung!

Prof. Dr. Diet­mar Bayer, Kuri­en­ob­mann nie­der­ge­las­sene Ärzte, Ärz­te­kam­mer Steiermark



Leis­tungs­bi­lanz in Zahlen

Im Jahr 2021 gab es mehr als 107 Mil­lio­nen Pati­en­ten­kon­takte in den Ordi­na­tio­nen von nie­der­ge­las­se­nen Ärz­tin­nen und Ärz­ten (All­ge­mein­me­di­zi­ner und Fachärzte).

  • Das bedeu­tet: Es gab rund 400.000 Pati­en­ten­kon­takte pro Tag
  • Ins­ge­samt wur­den mehr als eine Mil­lion Vor­sorge-Unter­su­chun­gen erbracht
  • Knapp eine Mil­lion Mut­ter-Kind-Pass-Leis­tun­gen wur­den erbracht.
  • Jeder Hausarzt/​jede Haus­ärz­tin behan­delte 4.814 Fälle pro Jahr.
  • Jede Ordi­na­tion eines Haus­arz­tes absol­vierte durch­schnitt­lich 576 Haus­be­su­che und Pati­en­ten­be­su­che in Alten- und Pfle­ge­hei­men pro Jahr.
  • Öster­reich­weit gibt es 37 Pri­mär­ver­sor­gungs­ein­hei­ten. Dort arbei­ten ins­ge­samt mehr als 100 All­ge­mein­me­di­zi­ner zusammen.

Quelle: Sta­tis­tik ÖÄK, ÖGK



* Gesund­heits­be­fra­gung 2019, durch­ge­führt von der Sta­tis­tik Aus­tria im Auf­trag des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Sozia­les, Gesund­heit, Pflege und Kon­su­men­ten­schutz und der Bundesgesundheitsagentur

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 22 /​25.11.2022